Krebserkrankte Eltern – Eltern sein mit und trotz Krebs

Mandy Falke mit Marie

Eigene Geschichte:

Der durchschnittliche Krebspatient erkrankt im Alter von 69 Jahren erstmalig an Krebs. Ich war 32 Jahre alt, als ich einen Knoten in meiner rechten Brust ertastete. „Das kommt vom Stillen“, beruhigte mich meine Frauenärztin und schickte mich heim. Als die Diagnose schließlich gestellt wurde, hatten sich bereits mehrere Lymphknotenmetastasen gebildet.

Mandy Falke mit Max und Marie

Plötzlich musste alles schnell gehen: Chemo, Antikörpertherapien, Mastektomie und Bestrahlung. Meine Kinder Marie, Max und Jacob waren zu der Zeit ein halbes Jahr, drei und vier Jahre alt, ich selbst hatte nach 15 Jahren in einem Patentanwaltsbüro nochmal neu begonnen und gerade ein Psychologiestudium angefangen.

Mandy Falke mit Max und Marie

Meine Prognose war nicht so gut: multiinvasiver HER2-positiver Brustkrebs mit drei befallenen Lymphknoten, schnellem Wachstum (G3) und einem Ki67-Wert über 90. Und doch bin ich nun – fünf Jahre später – weiterhin hier.

Zwei meiner Kinder wurden in der Zwischenzeit eingeschult – für jedes an Krebs erkrankte Elternteil ein besonderer Meilenstein. Das dritte Kind folgt in diesem Jahr. Ich darf sie aufwachsen sehen, mich mit ihnen streiten, ihnen meine guten (und meine schlechten) Eigenschaften weitergeben und sie jeden Tag begleiten – täglich bin ich dankbar dafür, denn selbstverständlich ist für mich schon lange nichts mehr.

Mandy Falke mit Jacob

Viele Folgeerkrankungen sind geblieben: Mein Krebsrisiko wird aufgrund der Chemo- und Strahlentherapien dauerhaft erhöht bleiben. An meinem rechten Arm und der Hand habe ich ein Lymphödem, weshalb ich permanent Kompressionsstümpfe tragen muss und mehrmals die Woche zur Lymphdrainage fahre. Selbst kleinste Verletzungen verheilen an diesem Arm schlecht und machen ein aufwändiges Wund-Management erforderlich. Auch ein Fatigue-Syndrom ist fünf Jahre nach der Krebsdiagnose weiterhin aktuell: Ich benötige rund 13 Stunden Schlaf am Tag und bin dennoch die meiste Zeit müde und erschöpft. Konzentrationsstörungen sind hinzugekommen und ein chronisches Schmerzsyndrom seit der beidseitigen Mastektomie, was ich mit Schmerzmitteln, Krankengymnastik und einem TENS-Gerät versuche zu behandeln. Die Angst vor Metastasen taucht weiterhin bei jedem bisher unbekannten Schmerz auf: „Sind es nur Kopfschmerzen oder ist es vielleicht eine Metastase im Gehirn?“ Einige schlaflose Nächte gehen sicherlich auf diese Ängste zurück.

Die Zeit – mit drei kleinen Kindern und in Akutbehandlung – war schwierig. Das, was mir damals geholfen hat, möchte ich hier gerne weitergeben.

Praktische Tipps:

  • Netzwerk aufbauen: Hierzu können Freunde und Familie gehören, aber auch die Nachbarschaft oder Fachstellen, die entweder beratend oder konkret unterstützend Hilfestellung leisten können.
  • Kommunikation als Schlüssel: Jeder geht anders mit einer schweren Erkrankung um. Manche Leute fragen vielleicht zu viel, andere gar nicht, weil sie nicht die richtigen Worte finden. Sagt den Leuten, was euch gut tut und welche Art von Gesprächen ihr euch gerade wünscht.
  • Selfcare: Ist der Tag auch noch so herausfordernd gewesen, gibt es meist doch die Möglichkeit, ein klein wenig Selbstfürsorge zu betreiben: den Stuhl zur Sonnenseite hinrücken und die Sonnenstrahlen im Gesicht spüren, einen besonderen Tee kochen, sich mit dem Kuscheltier aus Kindheitstagen ins Bett kuscheln …
  • Gleichzeitigkeit von Dingen akzeptieren: Wenn man Krebs hat, hat man vermutlich Ängste und häufig auch Schmerzen – und dennoch darf man Spaß haben und das Leben feiern. Man kann gleichzeitig Schmerzen haben und dankbar für das Leben sein, man kann große Angst verspüren und parallel über einen Witz lachen.

Mit Kindern sprechen:

  • Altersgerechte Sprache und Formulierung wählen
  • Richtigen Zeitpunkt auswählen, in dem ungestört ein Gespräch stattfinden kann
  • Eigene Gefühle zulassen: Wer Angst hat, darf auch vor dem Kind zugeben, dass er Angst hat.
  • Gefühle des Kindes zulassen: Neugier, Wut, Ignoranz, Furcht – all diese Gefühle können auftreten und benötigen Raum.
  • Kindergarten/Schule mit ins Boot holen: Wie wird zuhause über das Thema gesprochen? Wie kann die Bildungseinrichtung dahingehend unterstützen?
  • Unterstützung einholen: Auch bei Psychologen, Beratungsstellen oder mittels Literatur kann das Thema „Gespräche mit Kindern“ Raum bekommen.

Text und Foto: Mandy Falke

Hilfsangebote:

Erfreulicherweise gibt es immer mehr Unterstützungsangebote, die krebserkrankten Elternteilen in unterschiedlichen Phasen ihrer Erkrankung zur Verfügung stehen.

www.adventure.care
adventurecare e. V. ist eine gemeinnützige
Organisation, die Familien
mit Kindern hilft, die Krebsdiagnose
eines Elternteils besser zu verarbeiten.
Der adventurecare e. V.
führt Abenteuercamps für Familien
mit Kindern durch. Hier kann durch
das gemeinschaftliche Erleben
Vertrauen, Kraft und eine positive
Zukunftsorientierung
gefunden
werden.

www.hkke.org
Der Verein Hilfe für Kinder krebskranker
Eltern e. V. berät und unterstützt
krebskranke Eltern telefonisch,
per Mail oder persönlich. Kinder und
Jugendliche erhalten dort zudem
psychologische Hilfe im Umgang mit
der Erkrankung ihrer Eltern.

www.pink-kids.de
Speziell für Kinder und Jugendliche
von an Brustkrebs erkrankten
Müttern
wurde die Plattform Pink
Kids errichtet. Man findet hier
Informationen über die Krankheit,
Hilfestellungen und die Möglichkeit,
mit anderen Jugendlichen zu
kommunizieren.