Im Gespräch mit Julia Koschitz

Julia Koschitz

Liebe Frau Koschitz,

Sie sind eine sehr gefragte Schauspielerin, umso mehr möchten wir uns bei Ihnen bedanken, dass Sie sich für unsere „besonderen Kinder“, so nennen wir die Kinder mit Handicap, Zeit genommen haben.

In Ihren Rollen sind Sie sehr facettenreich und stehen unter anderem auch mit Kindern vor der Kamera. Ich denke da an Ihre Filmtochter in „Kleine Ziege, sturer Bock“ an der Seite von Wotan Wilke Möhring. Und jetzt sehen wir Sie in dem neuen Film „Hanni & Nanni – mehr als beste Freunde“ als Lehrerin.

Was an dieser Rolle hat Sie besonders fasziniert?

Ich finde Frau Vogel schön schräg. Eine Frau die man nie lachen sieht, die aber eigentlich Humor hat. Ein bisschen steif und trocken, aber durchaus leidenschaftlich, wenn es um ihr Lieblingsfach Physik geht. Sie liebt ihren Beruf, hat mit Kindern aber nicht wirklich viel am Hut. Sie ist zwar nicht gerade die genialste Pädagogin, aber dafür  brennt sie so sehr für die Physik, dass sie den einen oder anderen vielleicht mit ihrer Begeisterung mitreissen kann.

In der Rolle als Physiklehrerin Frau Vogel mussten Sie ja auch einige Kinderstreiche über sich ergehen lassen.

Wie war eigentlich die „kleine“ Julia Koschitz in der Schule, gibt es Parallele

Ich war schüchtern, hab immer brav meine Hausaufgaben gemacht und war insgesamt eher unauffällig. Ich kann also leider mit keinen Schulanekdoten punkten… Und ich war unglaublich schlecht in Physik. Vielleicht ist Frau Vogel ja eine Form der Aufarbeitung dieser wenig rühmlichen Zeit in meinem Leben.

Gab es eine Situation oder Begegnung insbesondere mit Kindern, die Sie besonders berührt hat?

Ich fand die Mädchen alle toll. Obwohl sie da einen richtigen Marathon hinlegen mussten, waren sie immer gut drauf und im Spiel total präzise. Das hat großen Spaß gemacht.

Integration und Inklusion sind zurzeit wichtige Themen und in aller Munde.

Wie sieht in Ihren Augen eine gelungene Inklusion und Integration aus?

Ich kann diesbezüglich mit keinen Erfahrungen aufwarten, sondern nur mit meinem ganz normalen Menschenverstand antworten. Jede Form von Ausgrenzung, egal wen sie betrifft, ist schwierig, weil es uns allen die Möglichkeit nimmt, einen ganz normalen und unbeschwerten Umgang miteinander zu finden. Wenn wir es schaffen würden, den Alltag mehr miteinander zu teilen, würden wir Berührungsängste verlieren. Mir ist klar, dass das mit einem Aufwand verbunden und nicht immer der bequemste Weg ist, aber gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass alle Seiten voneinander lernen und letztlich profitieren könnten.

Wenn Sie unsere gesellschaftlichen Strukturen beeinflussen könnten, was wäre Ihr erstes Anliegen?

Theoretisch betrachtet würde ich sagen, ich wünsche mir mehr Empathie und umsichtigeres und nachhaltigeres Denken und Handeln. Aber das sind Qualitäten, die ich zu allererst und immer wieder selber üben muss und die man niemanden aufzwingen kann.

Das Magazin Momo ist für Eltern und Kinder, die besonders sind. Es soll nicht nur Mut machen, sondern auch eine Plattform bieten, auf der Eltern und Betroffene die Möglichkeit haben, sich auszutauschen. Betroffene Eltern für Eltern!

Haben Sie eine Lebensphilosophie für unsere kleinen und großen Leser?

Ich bin ehrlich gesagt selbst noch auf der Suche. Aber was sich schon seit langem für mich bewahrheitet, ist, dass reden hilft. Am besten mit guten Freunden, um sich zu spiegeln und zu hinterfragen. Ich versuche andere, die Welt, auch mich selbst aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, um mir ein umfassendes Bild zu machen und die Dinge vielleicht ein bisschen besser zu verstehen. Am wichtigsten sind aber die guten Freunde, weil ich davon überzeugt bin, dass es eine unschätzbare Bereicherung und Erleichterung ist, wenn man sein Leben teilt.

Interview: Martina Lange

Fotocredits: ©2017 UFA Fiction (Fotograf: Stephan Rabold)