Assistenzhunde – Freunde und Helfer fürs Leben

Nora (ein Mädchen im Rollstuhl) und Zoe (ein Assistenzhund)

Eine besondere Ruhe geht von Tatjana Kreidler aus, wenn sie über ihre Arbeit spricht. Über 60 Teams hat die Diplom-Sozialpädagogin bereits ausgebildet, wie die ZDF-Sendung „Lebensretter auf vier Pfoten“ berichtet.

Im Jahr 2000 hat sie den gemeinnützigen Verein VITA e.V. Assistenzhunde gegründet, der Assistenzhunde für Menschen mit Behinderung ausbildet. Die von der Sozialpädagogin entwickelte Kreidler-Methode sensibilisiert Hund und Mensch fürei­nander und bildet die Grundlage für ein erfolgreiches Miteinander. Hunde können ausdauernd, zuverlässig und voller Freude dem eingeschränkten Menschen eine höhere Lebensqualität ermöglichen. Lebensmut, Selbstvertrauen und die eigenständige Gestaltung des Alltags lassen sich so immens steigern.

Nora und Zoe

Frau Kreidler, wie lässt sich herausfinden, ob Assistenzhund und Mensch ein gutes Team bilden würden?

Genau wie wir Menschen ist jeder Hund anders und harmoniert nicht mit jedem menschlichen Partner. Entscheidungsgrundlage sind die Persönlichkeitsprofile, die die VITA-Mitarbeiter von Hund und Bewerber erstellen und miteinander abgleichen. Diese Profile müssen zusammenpassen wie Schloss und Schlüssel. Nur wenn alles stimmt, können beide Partner effektiv, vertrauensvoll und zum gegenseitigen Nutzen zusammenarbeiten.
Während des sogenannten Matchings beschnuppern sich dann Hund und Bewerber, verbringen Zeit mit gemeinsamem Kuscheln und gehen zusammen mit mir spazieren. Die folgenden Tage des Matchings im VITA-Ausbildungszentrum liefern durch Gespräche und intensive Beobachtung Klarheit darüber, ob die Chemie zwischen Bewerber und Hund stimmt.

Erfährt ein Assistenzhund Freude während seiner Tätigkeit oder ist es „Arbeit“ für den Hund?

Auch ich hatte vor meiner Ausbildung zum Instructor größte Bedenken, dass Behindertenbegleithunde nur als Hilfsmittel benutzt werden, dass sie funktionieren sollen und kein artgerechtes Leben führen können. Dürfen die Hunde jemals laufen, spielen und umhertollen? Dann begegnete ich in Großbritannien den ersten Teams. Ausgeglichene Hunde sahen ihre Menschen rutenwedelnd und mit fröhlichen Augen an, die sagen wollten: „Hey, hast du nicht noch einen Job für mich?“ Ich war völlig fasziniert.
Natürlich dürfen VITA-Assistenzhunde auch laufen, spielen, schwimmen etc. Darüber hinaus haben sie etwas, was die meisten Hundeführer ihrem Hund nicht bieten können: Sie sind Teil eines völlig aufeinander angewiesenen Teams.

Nora und Zoe bei Noras Einschulung

Eines dieser ganz besonderen Teams bilden Hündin Zoe und Nora, die an einer seltenen Muskelerkrankung leidet und auf den Rollstuhl angewiesen ist. Unter strengen coronabedingten Hygienereglungen fand im Juni 2020 ein sogenanntes Matching statt, bei dem geschaut werden sollte, ob Hund und Mensch zueinanderpassen. Schnell war klar, dass zwischen der schwarzen Labradorhündin Zoe und dem selbstbewussten Mädchen eine besondere Bindung bestand. Kurz darauf konnte die Zusammenführung starten. Seit Noras Einschulung im Herbst 2020 steht Zoe an Noras Seite und ist ihr dabei behilflich, mehr und mehr Eigenverantwortung zu übernehmen.

Brief von Nora an VITA e.V.

Spielt es bei der Ausbildung des Hundes eine Rolle, ob er später einen Erwachsenen oder ein Kind unterstützen soll?

Ein Assistenzhund kann eine besondere Rolle in der Entwicklung von körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen spielen. Er vermittelt ihnen uneingeschränkte Geborgenheit und emotionale Sicherheit. Er ist Partner und Spiel­kamerad zugleich und macht unabhängiger von den Eltern. Der Assistenzhund steigert langfristig das Selbstwertgefühl der Kinder und Jugendlichen und hilft, eigene Kompetenzen zu erlangen und zunehmend Verantwortung für sich und den Hund zu übernehmen. Das ganzheitliche Konzept, nach dem wir arbeiten, beeinflusst die Entwicklung von Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten in allen Lebensbereichen positiv und schafft Veränderung. Die VITA-Assistenzhunde wirken psychisch, physisch, sozial und kognitiv.

Mehr Infos unter:
www.vita-assistenzhunde.de

Der Verein VITA e.V. Assistenzhunde stellt Menschen unabhängig von ihrer finanziellen Situation einen vierpfotigen Partner zur Seite. Die Kosten für die Zeit des Aufwachsens und der Ausbildung eines Assistenzhundes belaufen sich, ohne die hundelebenslange Nachbetreuung, auf durchschnittlich 25 000 Euro. Die Finanzierung der VITA-Assistenzhunde erfolgt durch Spenden, Fördermitglieder und Sponsoren, ebenso auch die Ausbildung und Nachbetreuung der Hunde.

Quellen: vita-assistenzhunde.de, wikipedia.org; Fotos: vita-assistenzhunde