Die Tomate (Solanum lycopersicum) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Nachtschattengewächse. Lange als Liebesapfel oder Goldapfel bezeichnet, erhielt sie ihren heute gebräuchlichen Namen „Tomate“ erst im 19. Jahrhundert.
Zubereitung
Tomaten vierteln und den Strunk entfernen. Die Paprika in Streifen schneiden, evtl. auch den Strunk entfernen. Die Knoblauchzehe hacken oder reiben und in dem Olivenöl leicht erhitzen (Achtung: darf nicht anbrennen!), Tomaten und Paprika hinzugeben und mit dem Wasser auffüllen. Bei geschlossenem Topf ca. 20 Minuten köcheln lassen. Nun den Topf vom Herd nehmen und das Gemüse pürie ren, bis eine sämige Konsistenz erreicht ist. Fertig ist die frische Tomatensauce. Jetzt müsst ihr nur noch die Voll kornnudeln kochen.
Besonderer Kick:
Vor dem Servieren frisch geriebenen Parmesan über die To matensauce streuen und einige Basilikumblätter auf der Soße verteilen.
Tipp der Redaktion:
Die Portionen können gut eingefroren werden!
Dieses tolle Rezept für die Sauce ist auch die Grundlage für eine erfrischende Tomatensuppe (im Sommer kann man sie auch kalt essen). Man muss lediglich mehr Flüssigkeit hinzufügen.
Das macht Tomaten gesund
Für eine gesunde Ernährung sollten Tomaten auf keinem Speiseplan fehlen, denn ihre besonderen Nährstoffe können einiges für den Körper tun. Ein weiterer Vorteil: Dank ihres hohen Wassergehalts von rund 95 Prozent sind sie mit weniger als 20 Kalorien pro hundert Gramm kaum gehaltvoll – das sind sogar noch weniger Kalorien als bei einem Apfel.
Ein nennenswerter Inhaltsstoff der roten Früchte ist das Carotinoid Lycopin, das für die rote Farbe der Tomate sorgt. Zugleich schützt es die Frucht vor den schädlichen UV-Strahlen der Sonne. Für den menschlichen Körper soll der Farbstoff der Tomaten gesund sein, weil er als Antioxidans sogenannte „freie Radikale“ fangen und sogar vorbeugend gegen Krebs wirken kann.
Das ist jedoch längst nicht alles, was Tomaten gesund macht: Sie enthalten auch eine Menge Vitamin C und Kalium, darüber hinaus Magnesium und Vitamin A. Grundsätzlich wirken Tomaten entwässernd auf den Körper und können den Blutdruck senken: Sie sind also echte Fitmacher, die praktischerweise auf verschiedene Weise konsumiert werden können und dank des geringen Kaloriengehalts auch in größeren Mengen nicht ansetzen.
Quelle: wikipedia.de
8.000 Kilometer trotz Handicap – Ein Tandem macht mobil
8.000 Kilometer trotz Handicap – Ein Tandem macht mobil
Eva Gerner ist eine kontaktfreudige, fröhliche junge Frau. Und eine begeisterte Pino-Fahrerin. Vor zwölf Jahren wurden bei der heute Zwanzigjährigen das Rett-Syndrom, Ataxie und eine psychomotorische Retardierung diagnostiziert.
Seit 12 Jahren sitzt Eva fast nur noch im Rollstuhl, alleine fortbewegen kann sie sich nicht mehr. „Evas Beeinträchtigung hat sich natürlich stark auf unsere Mobilität ausgewirkt“, berichtet ihr Vater Christian. „Auf einmal beschränkte sich alles auf das Auto.“ Bis die Familie Gerner ein alternatives Fortbewegungsmittel entdeckte: das Tandem Pino von Hase Bikes.
„Schon bei der ersten Probefahrt war Eva total happy, obwohl es in Strömen geregnet hat!“, erinnert sich Christian Gerner. Ausgerüstet mit Spezialzubehör wie einem Hosenträgergurt zur Stabilisierung des Oberkörpers, einer Pedale mit Fußfixierung und einer Freilaufabschaltung wurde das Pino für Eva schnell zum idealen Ausgleich zum langen passiven Sitzen im Rollstuhl. Aber sie profitiert nicht nur körperlich von den Ausflügen. Durch die Abschaltung des Freilaufs muss sie mittreten. Diese Kopf-Fußkoordination regt ihr Sprachzentrum an und aktiviert die Synapsen in ihrem Gehirn.
„Beim Radfahren erwacht eine liebe Plaudertasche und wir haben sehr viel Spaß dabei“, freut sich ihr Vater. „Wir nutzen das Pino so oft wie möglich, drehen eine kleine Runde am Abend oder machen eine längere Tour am Wochenende. Inzwischen sind wir gut 8.000 Kilometer gefahren!“ Die Gerners wohnen im Voralpenland, in der Nähe von Salzburg. Da geht es schon mal bergauf und bergab. Eva liebt die schnelle Fahrt bergab. Dann lacht und jubelt sie und genießt, wie ihr der Wind um die Nase weht. „Das Pino hat erheblich zur Steigerung unserer Lebensqualität beigetragen“, ist sich Christian Gerner sicher. „Wir können es jedem als Therapiegerät empfehlen, wo die Art der Behinderung es zulässt.“
1. Internationale Deutsche WCMX Meisterschaft in Hamburg
1. Internationale Deutsche WCMX Meisterschaft in Hamburg
18. +19. August, strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Die besten Bedingungen für die erste offene deutsche WCMX Meisterschaft. 2 actiongeladene Tage lang konnte das Publikum im ersten Wettbewerb außerhalb der USA erleben, wie die besten europäischen Rollstuhlskater sowie die deutschen Meister in 4 verschiedenen Kategorien, Divisionen genannt, ermittelt wurden. Dazu traten Starter aus 6 Ländern an.
Los ging es am Samstag nach der Eröffnung mit einem Workshop mit den Profis, die allen Interessierten eine Einführung in ihren Sport gaben. Danach starteten die Fahrer der Division 5, Beginner unter 16 Jahren mit ihren Qualifikationen, in denen die Startreihenfolge für den Finaltag bestimmt wurden. Jeder Teilnehmer hatte zwei Läufe von jeweils 2 Minuten, um sein Können zu zeigen. Die jüngste Teilnehmerin des Wettbewerbs war 5 Jahre alt.
Weiter ging es mit der Division 3, Fortgeschrittene über 16 Jahre, bevor die Profis der Division 2, offene Kategorie der Frauen, und Division 1, offene Männerkategorie, ihre spektakulären Tricks zeigten. Besonders die Division 1 ging auf volles Risiko und versuchte alles aus der Skatearena im Wilhelmsburger Inselpark heraus zu holen.
Auch am großen Finaltag fanden sich zahlreiche Zuschauer zusammen, um dem ersten europäischen WCMX Wettkampf beizuwohnen und alle erwarteten gespannt, was für atemraubende Tricks die Fahrer noch auf Lager hatten. Und sie wurden nicht enttäuscht, denn es wurde nicht nur ein langes und sehr steiles Geländer runtergerutscht, auch den einarmigen Handstand, der in der Qualifikation noch nicht geglückt war, konnte man bestaunen. Dieser Trick war sicherlich der eindrucksvollste in diesem Wettbewerb.
An beiden Tagen zeigten Sportler aus verschiedenen Rollsportarten in einer Show, wie alle gemeinsam im Skatepark fahren und Spaß haben.
Die Meisterschaft wurde mit der Siegerehrung beendet, in der die 3 Bestplatzierten jeder Kategorie ihre Medaillen überreicht bekamen und die deutschen Meister mit einem Pokal geehrt wurden.
Drei junge Studierende haben eine ungewöhnliche Idee: Sie sammeln als Resteritter Obst und Gemüse, das sonst im Müll landen würde, und kochen Marmeladen daraus. Diese verkaufen sie dann für einen guten Zweck.
Montags früh müssen Uni-Veranstaltungen schon sehr wichtig sein, damit sie Studierende aus ihren Federn locken. Die drei Kieler Studenten Moritz Dietzsch, Nick Eßwein und Oke Hansen sind montags um 8 Uhr zwar nicht in der Uni – aber trotzdem schon auf den Beinen: Sie sammeln Äpfel, Pflaumen und Zwetschgen in privaten Gärten in und um Kiel. „Dafür fällt mir das Aufstehen leicht – weil ich sofort sehe, was ich geschafft habe“, sagt der 24-jährige Eßwein.
Dietzsch, Eßwein und Hansen sind Geographie-Studenten – und sie sind Resteritter. So nennen sie sich, weil sie Lebensmittelreste sammeln und einkochen. Obst und Gemüse, das sonst im Müll landen würde: Äpfel etwa, die in Kleingärten von den Ästen plumpsen und die niemand aufhebt, Clementinen, die nicht mehr makellos glänzen und kein Kunde noch kauft, oder Kürbisse, die zur Dekoration im Schaufenster eines Gemüsehändlers lagen. Die Resteritter kochen Marmeladen daraus – und verkaufen diese für einen guten Zweck: Ein Euro pro Glas geht an „Mach Mittag“, ein Projekt, das allen Schulkindern in Kiel ein warmes Mittagessen bereiten möchte.
Um 10 Uhr schleppen die drei Studenten das Obst aus einem Lieferwagen in die Küche der Kieler Arbeiterwohlfahrt (AWO). Für Uni ist noch immer keine Zeit. „Nun schnibbeln wir“, sagt der 22-jährige Dietzsch, der sich wie Eßwein und Hansen eine Schürze umschnürt. Zweimal pro Woche dürfen die Resteritter in der AWO-Küche Äpfel und Co. kleinschneiden, entkernen, einkochen und in Gläser abfüllen. „Die Küche ist gut ausgestattet und vom Gesundheitsamt abgenommen“, so Dietzsch.
Das Küchen-Radio dudelt vor sich hin. Dietzsch schneidet Ingwer im Akkord, Eßwein und Hansen greifen sich die Äpfel, die eben noch unter einem Baum lagen. Hansen schält und entkernt sie, dann schneidet Eßwein sie klein und wirft sie in einen großen Topf. Die drei sind eingespielt, alle Handgriffe sitzen.
Das geschälte und entkernte Obst kochen sie mit Zucker auf. Wenig später schmecken sie das Fruchtgemisch mit etwas Zimt ab, füllen es noch heiß per Kelle in Einmach-Gläser und kleben anschließend Etiketten darauf. Danach fahren sie die Gläser zu den Verkaufsstellen in Kiel. Vom Aufsammeln des Fallobstes im Kleingarten bis zum Auffüllen der Händler-Regale mit den Gläsern – Dietzsch, Eßwein und Hansen übernehmen jeden Arbeitsschritt.
Ihre Rezepte sind improvisiert. „Wir gucken, was wir haben, und entscheiden dann, was zusammenpasst“, sagt Dietzsch und greift ein weiteres Stück Ingwer. „Apfel und Ingwer passen super, Clementine und Banane auch – mein Favorit ist aber Birne mit weißer Schokolade.“ Besondere Zutaten wie Zucker, Zimt und Schokolade kaufen sie ein. „Das gesamte Obst aber retten wir – das würde niemand mehr essen, wenn wir es nicht einkochen.“
Die drei Studenten haben sich an der Kieler Uni kennengelernt. Dietzsch stammt aus Hessen, Eßwein aus Karlsruhe und Hansen stammen aus Flensburg. Sie trafen sich in einem Geographie-Seminar. Ihre Aufgabe: ein Projekt entwickeln, das nachhaltig und ökologisch ist. „Einerseits schmeißen Menschen Lebensmittel weg, andererseits haben viele Schulkinder auch in Deutschland nicht genug zu essen. Unsere Idee war, diese Punkte zu verbinden“, sagt der 23-jährige Hansen. Aus der Idee entstanden im vergangenen September die Resteritter. Am Anfang war es nur ein Uni-Projekt. „Doch alle, denen wir davon erzählten, fanden unsere Idee super – wir mussten einfach weitermachen“, so Hansen.
Dietzsch und Eßwein haben schon vor ihrem Studium Marmelade für einen guten Zweck eingekocht, in ihrem Freiwilligen Ökologischen Jahr haben sie sich für die Kampagne „Marmelade für Alle“ engagiert. Für Hansen war das alles neu. „Mit Lebensmitteln habe ich mich nicht besonders beschäftigt – und mit Marmelade schon gar nicht“, sagt er. Aber er wurde überzeugt. „Weil wir als Resteritter tatsächlich etwas Gutes bewirken. Ich bin eigentlich sehr kritisch, was soziale Projekte angeht – aber bei den Resterittern sehe ich keinen negativen Aspekt.“
Die Resteritter-Marmeladen sollen nicht nur den Hunger stillen, sondern auch ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Lebensmittel kostbar sind. „Der Handel wirft viele Lebensmittel weg, private Haushalte aber auch“, sagt Hansen. Das müsse nicht sein. „Bei Marmelade oder Apfelmus ist es doch völlig egal, ob der Apfel vorher braune Flecken hatte“, so Eßwein. Die drei Studenten bewahren die Lebensmittel vor der Abfalltonne: Wer sich etwa fragt, wohin mit seinen Quitten – der kann sich bei ihnen melden. Dann fahren die Resteritter mit ihrem Lieferwagen vor und packen die Quitten ein. „Und wenn ältere Menschen nicht mehr auf ihren Apfelbaum klettern können, kommen wir gerne vorbei und ernten“, sagt Dietzsch.
Das alles machen sie ehrenamtlich: neben der Uni sowie Jobs, mit denen sie ihr Studium und ihr Engagement finanzieren. „Es wäre schön, wenn wir uns irgendwann ein bisschen Gehalt zahlen könnten – und die Resteritter ein Nebenjob sind“, so Hansen. Vieles, aber nicht alles können sie alleine machen. „Zum Glück haben wir einige Unterstützer“, sagt Dietzsch. Dazu gehören etwa ein Obsthändler, der ihnen alles spendet, was er nicht mehr verkaufen kann, die AWO, in deren Küche sie kochen dürfen, oder ein Designer, der die Etiketten der Marmeladengläser entworfen hat. „Sie helfen uns, weil sie unser Projekt cool finden“, so Dietzsch.
Dass Geographie-Studierende nicht bloß Karten lesen, wussten sie bereits vor ihrem Studium. Aber dass sie als Folge eines Uni-Kurses viel Zeit in einer Küche verbringen würden, um Marmelade einzukochen, das hätten sie nicht erwartet. „Schon verrückt, dass Marmelade inzwischen ein wichtiger Bestandteil meines Lebens geworden ist“, sagt Hansen und lacht. Zu stören scheint sie das nicht, im Gegenteil: „Was wir hier machen ist kein Hexenwerk – aber es ist sinnvoll, davon sind wir überzeugt. Und deshalb macht es uns Spaß“, so Dietzsch.
Die drei Studenten werden montags um 8 Uhr auch weiterhin keine Zeit für Uni-Veranstaltungen haben. „Der Termin ist einfach geblockt“, sagt Hansen. „Wir wollen weitermachen – klar, und wir haben noch einige Pläne“, so Dietzsch. Ein Plan: mit Chutney-Rezepten experimentieren, um Lebensmittelreste auch als würzige Saucen zu retten.
Die Resteritter spenden einen Euro pro verkauftem Glas an „Mach Mittag“ – weitere Infos zum Kieler Projekt gegen Kinderhunger unter www.machmittag-kiel.de
TEXT: GEORG MEGGERS Mit freundlicher Unterstützung und Nachdruckgenehmigung des sozialen Straßenmagazins für Schleswig-Holstein – HEMPELS
Grandioser Erfolg beim ersten POHLIG MusikCamp
Grandioser Erfolg beim ersten POHLIG MusikCamp
„Ich will kein Eis essen gehen – ich möchte lieber weiter proben!“. Die siebenjährige Magdalena, die beherzt in ihre Einhand-Flöte bläst, bringt die Begeisterung der MusikCamp-Teilnehmer präzise auf den Punkt.
Zusammen mit 19 anderen Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 16 Jahren probt sie fleißig für das Abschlusskonzert des viertägigen POHLIG MusikCamps. Das Besondere: die jungen Musiktalente weisen alle ein körperliches Handicap auf. Ein Großteil hat angeborene Fehlbildungen oder wurde amputiert, manche sind halbseitig gelähmt. Das hindert die Kinder und Jugendlichen jedoch nicht daran, mit unterschiedlichsten Instrumenten, Stimmen und musikalischen Fähigkeiten harmonisch und voller Elan ein gemeinsames Konzert auf die Beine zu stellen.
Umgeben von unverfälschter Natur und den Berggipfeln der Bayerischen Alpen fand das MusikCamp von 02.-05. August im ver.di Bildungszentrum in Brannenburg statt. Das vielfältige Angebot reichte von Chor- über Orchesterproben bis hin zu Bastel- und Sportprogrammen. Ausflüge an einen nahe gelegenen See und zur Eisdiele brachten bei den extremen Temperaturen eine erfrischende Abkühlung. Im Rahmen des Abschlusskonzerts am Sonntagnachmittag konnten die kleinen und großen Stars zeigen, was sie innerhalb von nur drei Tagen einstudiert haben.
Im Mittelpunkt des Camps standen allerdings nicht Leistung, sondern vielmehr der Austausch, das Miteinander und die Freude am gemeinsamen Musizieren. Die renommierte Harfenistin Silke Aichhorn und Gesangspädagoge Michael Felsenstein gestalteten das musikalische Programm und erwiesen großes Geschick im Umgang mit den jungen Teilnehmern.
Der Pohlig GmbH liegt es sehr am Herzen, ihre Patienten dabei zu unterstützen den Alltag mit ihrem körperlichen Handicap bestmöglich zu meistern. Viele Kinder bekamen im Rahmen des Camps erstmalig die Chance zu sehen, wie andere Betroffene mit ihren Einschränkungen umgehen und welche Möglichkeiten ihnen beim Erlernen eines Instruments offen stehen. Von der Schlagzeughilfe aus Silikon bis zur 3D-gedruckten Geigenhilfe – die Pohlig GmbH setzt alles drauf und dran, um ihre Patienten bei der Verwirklichung ihres Traumes zu unterstützen. Sowohl für die Kinder und Jugendlichen als auch für ihre Eltern war das MusikCamp ein großartiges Erlebnis, das quasi nach einer Wiederholung schreit.
Mission Glück
Mission Glück
Am 7. April 2014 waren wir noch werdende Eltern. Die ersten aufregenden Schwangerschaftswochen lagen hinter uns und wir erfreuten uns jeden Tag an dem Abenteuer, das auf uns zukommen würde. Aufregend war es auch deshalb, weil wir nach einem sehr langen Kinderwunsch-Weg nun endlich Mama und Papa werden sollten – und das nicht nur von einem Kind, sondern gleich von Zwillingen. Zwei Jungs würden es wohl werden und wir waren schon relativ weit mit unseren Planungen. Sogar die Namen hatten wir bereits entschieden. Dass wir diese nur einen Tag später schon jemandem nennen würden, davon war an diesem friedlichen Tag noch nichts zu spüren …
Am 8. April 2014 wurden Vincent und Jaron in der SSW 23+6 mit jeweils knapp 640 Gramm viel zu früh ins Leben gerissen!
Meine Frau hatte einen Riss an der Gebärmutter erlitten, welcher zu inneren Blutungen führte – an einer Stelle, die vor einigen Jahren ausgerechnet im Zuge der Kinderwunsch-Planung operiert wurde. Niemand in unserem ortsansässigen Krankenhaus erkannte die Wunde in der Nacht, stattdessen wurde das Stereotyp der übersensiblen, schmerzempfindlichen, internetnervösen Schwangeren bedient. All das gehört normalerweise in einen Bericht über Fehler im Krankenhaus, über menschliches und fachliches Versagen, über das Zwei-Klassen-Gesundheitssystem. Und doch, wäre nicht alles so geschehen, wie es geschehen ist, auch das vermeidlich Falsche, dann wären unsere Jungs wohl heute nicht bei uns. Es lohnt sich oft alle Faktoren einer Situation zu bewerten.
Nachdem meine Frau mit der Fehldiagnose Frühwehen knapp 50 km über Land in einem Rettungswagen in die Uniklinik nach Bonn transportiert worden war, hatte sie bereits zwei Liter Blut im Bauchraum. Die Wunde an der Gebärmutter hätte auf dem Weg in die Frauenklinik der UKB unkontrolliert reißen können. Vincent und Jaron mussten sofort entbunden werden, das Leben meiner Frau war in Gefahr und ich habe es bis heute vor Augen, wie sie die Ärzte anflehte, die Kinder im Bauch zu lassen, wenn es dafür eine Chance geben würde. Auch wenn wir damals fast nur an die Jungs dachten, so ist mir sehr bewusst, dass ich an diesem Tag alles hätte verlieren können, was ich liebe. Oft habe ich mich gefragt, ob der „liebe Gott“ einen Moment gar nicht oder ganz besonders auf uns aufgepasst hat …
„Die Hoffnung ist stärker als unsere Logik – darin liegt ihr Zauber.“ Diese Worte sagte uns einer der Paten unserer Jungs und nichts prägte unsere neue Realität mehr als diese Worte.
Während der Not-OP fühlte ich mich wie der einsamste Mensch der Welt. Nie zuvor musste ich etwas Vergleichbares fühlen, geschweige denn aushalten. Heute weiß ich, dass man vermutlich alles aushalten kann, denn die Welt dreht sich in aller Brutalität weiter, egal was geschieht. Ich irrte auf dem Vorplatz der Frauenklinik umher, erreichte meine Eltern, meinen Schwager und meine Schwiegereltern, die im Urlaub auf der anderen Seite der Welt waren. Ich rief unentwegt Freunde an, um mein Leid, meinen Schmerz und meine Angst zu teilen. Vor allem aber teilte ich eine Hoffnung und so schlimm alles war, so sehr unsere Welt gerade einem Scherbenhaufen glich, ich wollte darauf nicht zum Stehen kommen. Und etwas in mir sagte, es wird alles gut.
14:24 Uhr – Notkaiserschnitt – Geburt von Vincent und Jaron – wir sind Mama und Papa!
Am Abend des 8. April durfte ich dann zu den Jungs. Meine Frau war noch zu benommen. Da standen nun zwei Inkubatoren in dem kleinen Zimmer auf der Neonatologischen Intensivpflegestation (NIPS) und irgendwo in dem Dickicht aus Kabeln, Schläuchen und Monitoren sollten unsere Söhne liegen.
Eine Schwester fragte mich, ob ich die beiden berühren möchte. Ich verneinte zuerst, wollte keine Aufwände machen, wusste nicht, ob das gut ist, hatte vermutlich einfach Angst. Doch sie blieb an mir dran und dafür bin ich bis heute unendlich dankbar. Sie öffnete den Inkubator, nahm meine Hände und führte sie langsam zum Köpfchen und den Füßchen von Vincent – der bis dahin intensivste Gefühlsmoment meines Lebens. Hier lag mein Kind, die größte Liebe meines Lebens … Ich brach in Tränen aus und diese Liebe übermannte alles in mir. Auch Jaron durfte ich berühren und wusste, dass, so unsagbar schlimm alles schien, es doch so wunderschön war.
Tag drei im Familienzimmer der Entbindungsstation war der 10. April und damit auch unser Hochzeitstag. Es war bis hier ein brutaler Weg, denn während in den Zimmern um uns herum die Mütter und Väter das Glück hatten, sich die Nächte mit ihren schreienden Babys herumschlagen zu dürfen, war unser Zimmer weitestgehend stumm. Eine der Szenen des Lebens, in der die Position des Blickwinkels alles ändert … Was hätten wir darum gegeben, vollkommen übermüdet und ausgelaugt unsere Kinder versorgen zu können.
Die ersten Tage waren wie ein Bombeneinschlag und auch wenn wir versuchten, uns Mut zu machen, so fehlten oft die Worte zu beschreiben und zu verstehen, was eigentlich passiert ist. Noch während des Frühstücks kam einer der Oberärzte ins Zimmer. Viele Informationen, medizinische Fachbegriffe und die Botschaft, dass es den Jungs sehr schlecht geht.
Auch wenn von den nachfolgenden Minuten nur noch Bruchstücke als Erinnerung abgelegt sind, so haben sich diese Minuten für immer in unsere Seele eingebrannt. Wir wurden ins Elternzimmer gebeten, der Chefarzt erläuterte uns die Lage: Sehr schlechte Vitalwerte, zweitgradige Hirnblutung bei Jaron, drittgradige Hirnblutung und dazu der Verdacht auf einen Hirninfarkt bei Vincent. All das konnten wir in der Dramatik nicht wirklich einschätzen, aber die abschließende Frage, die haben wir bis heute nicht vergessen: „Wollen Sie die Kinder nottaufen?“
Wenngleich ich damals einen ernsthaften Streitmonolog mit dem „lieben Gott“ vom Zaun brach und ihm sehr unmissverständlich klarmachte, dass, wenn er uns das heute an unserem Hochzeitstag antut, wir echte Probleme bekommen. So ist der schlimmste Moment unseres Lebens heute auch gleichzeitig der Null- und Wendepunkt unseres Wertesystems. Wir würden ihn sicherlich auch als Grundpfeiler sehen, das Leben so anzunehmen, wie wir es heute tun.
Heute ist es 4,5 Jahre später und wir haben einen sehr intensiven, übernächtigten, anstrengenden, aber vor allem glücklichen Weg hinter uns.
Jaron ist kerngesund und die kleinen Dinge, in denen er noch seinen Weg entwicklungstechnischer Feinheiten gehen muss, machen uns keine Sorgen. Was er manchmal nicht in den Beinen, Armen oder dem Gleichgewichtssinn hat, macht er mit vielen großen Worten wett.
Vincent kann heute weder sprechen, sitzen, stehen, krabbeln noch laufen. Er ist geistig behindert, hat eine Schluckstörung, Augenschädigung, Krampfanfälle, leichte Spastiken, braucht für alles unsere Hilfe und hat einen geschädigten Bereich in der linken Gehirnhälfte, der wirklich groß ist und keinen Platz für romantische Fantasien bietet, dass das alles mal „rauswächst“.
Trotz aller Diagnosen, die in Arztbriefen etc. stehen, ist Vincent aber in erster Linie ein sonniger, aufgeweckter, wacher, motivierter und immer aktiver kleiner Kerl. Er lacht seine Welt an und sein Schicksal weg. Er kommuniziert auf seine Weise, sucht sich seine eigenen Wege mit dem Rollbrett und freut sich unbändig auf seinen Rollstuhl mit Einhandantrieb. Er legt Tempo und Prioritäten selber vor – in seinem Wertesystem.
All das ist das Leben. Es passiert einfach, auch wenn wir einen anderen Plan hatten. Es ist jetzt unsere Aufgabe, diesen Weg zu akzeptieren und nicht mehr der Wegbeschreibung nachzuweinen, die wir einmal für uns auf dem Reißbrett entworfen hatten. Ich weiß, dass es vielen Eltern mit ähnlichen Geschichten nicht so einfach fällt, Trauer und Trauma hinter sich zu lassen, aber ich bin der festen Überzeugung, dass nur der Blick nach vorne, Mut und Hoffnung die oft unerträglichen Lebensmomente besser machen können.
Nur wenn man selber stark ist, kann man auch stark für andere sein. Die Achtsamkeit darf nicht nur dem vermeidlich kranken Kind gelten, sie muss auch für einen selbst, für den Partner und in unserem Falle vor allen Dingen auch Jaron gelten, denn auch er hat ein Anrecht auf starke Eltern.
Immer dann, wenn die Kraft nicht mehr ausreicht, wenn es keinen Ausweg zu geben scheint, immer dann erinnere ich mich daran, wie sehr Vincent und Jaron um ihr Leben gekämpft haben. Ich erinnere mich daran, wie viel Glück uns geschenkt wurde, dass wir diese Intensität von Gefühlen erleben dürfen, auch wenn diese nicht immer sonniger Natur sind, aber sie erinnern uns daran, worauf es im Leben wirklich ankommt – auf die Liebe!
Wir haben es in der Hand, ob wir die Zügel des Lebens weiter selber führen und auch welche Richtung wir einschlagen. Eine Diagnose ist kein Gradmesser für Lebensglück, denn echte Lebensqualität liegt im Auge des Betrachters.
Clarissa Corea da Silva im Interview
Clarissa Corea da Silva im Interview
Liebe Clarissa, Sie sind eine sehr gefragte Moderatorin, Journalistin und „Alles-Ausprobiererin“. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für ein Interview in unserem Magazin Momo genommen haben.
Sie moderieren schon seit Jahren Sendungen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, u.a. im „KiKA-Kummerkasten“. Dort ging es auch um sehr intime Themen wie z.B. Liebe und Freundschaft.
Wurden Sie bei den Fragen und Themen, die die Kids beschäftigen, auch an Ihre eigene Jugendzeit erinnert? Woher haben Sie Ihren Erfahrungsschatz?
Meinen Erfahrungen nehme ich vor allem aus dem, was ich selbst erlebe. Das ist das ehrlichste. Natürlich greife ich auch ab und zu auf Geschichten von Freunden, Cousinen oder anderen, die mir ihre Geschichten erzählt haben, zurück. Ich denke, das Wichtigste dabei ist, dass man jeder Geschichte, jedem Erlebnis offen gegenüber ist, neugierig ist und gut zuhört. Und ich liebe Geschichten und bin eine gute Zuhörerin – auch wenn ich selber unfassbar viel quatschen kann 😉
Sie schreiben in Ihrem Steckbrief, dass Sie Ungerechtigkeit gegenüber anderen Menschen aufgrund ihrer Eigenschaften nicht mögen. Integration und Inklusion sind zurzeit wichtige Themen und in aller Munde.
Wie sieht in Ihren Augen eine gelungene Inklusion und Integration aus?
Soweit ich das richtig verstanden habe, setzt die Integration noch eine zu bewältigende Hürde dar, dass jemand in etwas Bestehendes erst „reingebracht“ also integriert werden muss. Während die Inklusion Unterschiede (das können verschiedene Eigenschaften von Menschen sein) als selbstverständlich und grundlegend ansieht. Also wenn ich mir das jetzt, zugegeben etwas plump, wie eine Formel überlege – würde ich sagen: „Eine gelungene Integration ist Inklusion“. Beziehungsweise, gelungen ist es eben, wenn es keine Ungerechtigkeiten aufgrund unterschiedlicher Eigenschaften bei Menschen gibt.
In der WDR-Sendung „Wissen macht Ah!“ werden viele interessante Themen aus dem Alltag angesprochen.
Woher nehmen Sie die Ideen für die gestellten Fragen? Dürfen Kinder Fragen einreichen, die sie schon immer beantwortet haben wollten?
Kinder können sehr gerne und jederzeit ihre Fragen einreichen – das ist ja erstmal das Wichtigste, dass wir die Fragen der Kinder kennen und beantworten können. Die Ideen darüber hinaus bei mir, kommen ehrlich gesagt ganz spontan. Beim Einkaufen, beim Schlendern usw. … Ich habe in meinem Handy eine Notiz, in der ich mir alle Fragen aufschreibe, die mir so unterwegs einfallen und dann gebe ich das in die Redaktion weiter und dort werden die dann ausgewählt. Letztens habe ich mir zum Beispiel mal wieder, wie schon etliche Male, die Zunge bei einer Lasagne an den Tomaten verbrannt und dann habe ich mich gefragt: „Wieso sind eigentlich Tomaten immer heißer als alle anderen Zutaten?“ Zack – Handy gezückt und eingetippt.
Vom 21. Bis zum 28. September findet wieder der KiKA-Themenschwerpunkt statt. Diesmal widmet sich dieser dem Thema „Respekt für meine Rechte – Abenteuer digital!“.
Was lernen Kinder dazu bei „Wissen macht Ah!“?
Im Studio erklären wir zum Beispiel, wie die Verschlüsselung von Nachrichten funktioniert. Außerdem was es mit Nutzungsbedingungen auf sich hat, was eine Filterblase ist und wie sie funktioniert. Ich habe zum Beispiel auch dazugelernt, woher das Wort „Algorithmus“ kommt – bin mir ziemlich sicher, dass das auch nicht jeder weiß.
Wenn Sie unsere gesellschaftlichen Strukturen beeinflussen könnten, was wäre Ihr erstes Anliegen?
Wenn ich das könnte, würde ich gerne das schnelle Misstrauen und vor allem die Angst vor dem Unbekannten, dem Außergewöhnlichen – alles das, was außerhalb der Komfort-Zone liegt – in eine gesunde Neugier, Offenheit und Interesse und Lust Neues kennenzulernen und auszuprobieren tauschen. Ich glaube, das würde viele gesellschaftliche Konflikte von vornhinein erst gar nicht aufkommen lassen.
Das Magazin Momo ist für Eltern und Kinder, die besonders sind. Es soll nicht nur Mut machen, sondern auch eine Plattform bieten, auf der Eltern und Betroffene die Möglichkeit haben, sich auszutauschen. Betroffene Eltern für Eltern!
Haben Sie eine Lebensphilosophie für unsere kleinen und großen Leser?
Am Ende wird alles gut – und wenn es noch nicht gut ist, ist es auch nicht das Ende!
Interview: Martina Lange
Impfung HPV auch für Jungs
Impfung HPV auch für Jungs
Fotoquelle: Tim Reckmann pixelio.de
Die DAK-Gesundheit übernimmt ab 1. Juli auch für Jungen die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV). Der Verwaltungsrat der Krankenkasse hat das Angebot jetzt als neue Satzungs-Mehrleistung bewilligt. Bisher ist die Anti-Krebs-Impfung nur für Mädchen eine allgemeine Kassenleistung.
„Wir wollen den Kampf gegen Krebs in Deutschland entscheidend voranbringen. Deshalb erstatten wir ab 1. Juli als eine der ersten großen Kassen die Kosten einer HPV-Impfung auch für Jungen“, erklärt Dieter Schröder, Vorsitzender des Verwaltungsrats (VR). Das Parlament der Krankenkasse hat das neue Impfangebot auf seiner Sitzung am 21. Juni in Bremen beschlossen. Es soll für Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren gelten und bis zum vollendeten 18. Lebensjahr auch die Kosten für Nachholimpfungen abdecken. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat angekündigt, die Impfung für Jungen demnächst in ihre Empfehlung aufzunehmen. „Jungen, die bei uns versichert sind, müssen nicht darauf warten, sondern können schon jetzt diese wichtige Krebs-Prophylaxe nutzen“, so der stellvertretende VR-Vorsitzende Horst Zöller.
Humane Papillomviren sind häufig Auslöser von Gebärmutterhalskrebs. Allein in Deutschland erkranken jährlich etwa 4.600 Frauen, 1.600 sterben daran. Krebsformen im Mund- und Rachenraum und am Darmausgang sowie die sogenannten Genitalwarzen können ebenfalls durch eine Infektion mit dem HP-Virus verursacht werden. Jungen sind – abgesehen vom Gebärmutterhalskrebs – von allen Erkrankungen genauso betroffen wie Mädchen.
In der Regel werden die Jungen wie die Mädchen zweimal in einem Abstand von sechs Monaten mit einer Spritze geimpft. Falls der Abstand nicht eingehalten wurde oder eine Nachholimpfung fällig wird, kann eine dritte Impfstoffdosis nötig werden. Die Impfung nimmt bei den Jungen in der Regel der Hausarzt oder ein Kinder- und Jugendarzt vor. Die DAK-Gesundheit erstattet die Kosten für den Impfstoff und die Arztleistung zu 100 Prozent. Die betroffenen Familien reichen dazu einfach die entsprechenden Belege bei ihrer Kasse ein.
Weitere Infos unter: www.dak.de/hpv
Bei Bens Lächeln haben dunkle Wolken keine Chance!
Bei Bens Lächeln haben dunkle Wolken keine Chance!
Als unser Wunschkind Ben im August 2011 geboren wurde, gab es bei der Geburt unvorhergesehene Komplikationen. Er musste einige Wochen um sein Leben kämpfen und wir um ihn bangen. Durch den anhaltenden Sauerstoffmangel wurde bei ihm sehr schnell u.a. eine Hirnschädigung mit Zerebralparese diagnostiziert.
Die Ungewissheit der ersten Wochen, die Verzweiflung und auch das Platzen eines wunderbaren Traumes stürzten uns erst einmal in tiefe Trauer. Nach dem Verarbeiten des ersten Schocks versuchten wir, unser Leben mit den vorhandenen Strukturen wie bisher weiterzuleben und als Eltern zu funktionieren. Zu diesem Zeitpunkt war uns nicht bewusst, dass sich durch ein behindertes Kind unsere vorhandene Welt komplett und in einem noch nicht überschaubaren Ausmaß verändern würde.
Zu dem Zeitpunkt von Bens Geburt war ich leitende Angestellte in einem mittelständischen Unternehmen in München und unser Plan war, meine Arbeitszeit etwas zu reduzieren. Mit Home Office wollte ich meine Aufgaben so organisieren, dass mein Mann als Beamter ein Jahr Erziehungszeit nehmen und ich damit meinen gut bezahlten Job in der freien Wirtschaft behalten konnte. Da alles Organisatorische geklärt war, legten wir trotz der dramatischen Umstände nach dem Mutterschutz erst mal los. Mein Mann fand die Situation zunächst abwechslungsreich und er genoss seine freie Zeit mit unserem kleinen Ben.
Doch der Alltag mit den neuen Situationen, der Hilflosigkeit, wenn Ben weinte, nachts nicht schlafen konnte und nur schrie, rieb uns auf und machte uns fix und fertig. Dabei konnte uns leider niemand helfen, auch wenn es genügend lieb gemeinte Angebote gab. Der akute Schlafmangel zeigte uns unsere Grenzen auf und die neue Aufgabenverteilung war gerade für meinen Mann nicht befriedigend. Er fühlte sich auch alleine gelassen – was er natürlich zum damaligen Zeitpunkt niemals zugegeben hätte.
Mir machte die Zerrissenheit zwischen Beruf und Familie, verbunden mit den Sorgen und den Schwierigkeiten unseres neuen Alltags ebenfalls schwer zu schaffen. Obwohl wir nach vorne schauen und die Tatsache, dass wir ein behindertes Kind haben, als Schicksal annehmen wollten, konnten wir leider nicht so einfach in unsere neue Verantwortung finden. Wenn wir uns diese Frage nach dem „WARUM?“ nicht gestellt haben, hörten wir diese von den „anderen“: „Hätte man DAS nicht verhindert können?“, war eine allzu oft gestellte Frage, die uns einfach nur wütend machte. Wenn wir uns sagten: „Das wird schon irgendwie“, hörten wir von den Ärzten und Therapeuten, wie es tatsächlich um unseren Sohn steht und was alles noch zu tun ist.
Welche Hilfsmittel? Welche Untersuchungen und warum? Der Kampf um die Bezahlung von Therapien und Hilfsmitteln mit der Krankenkasse. Wo bekomme ich welche Unterstützung, welche Beratung und was hilft Ben und uns tatsächlich? Machen wir alles richtig oder versäumen wir etwas? Fragen über Fragen – und wir hatten keine Antworten.
Persönlich hat uns das in den ersten drei Jahren vor eine nicht lösbare Herausforderung gestellt, sodass ich kurz darauf aufgrund dieser Zerrissenheit, der wachsenden Anforderungen im Job und des anhaltenden Erschöpfungszustands im Alltag erkrankte: BURN OUT – Peng, das war´s!
Das „Funktionieren“ als Mutter, Karrierefrau und Ehepartnerin hatte aufgehört und ein nicht vorstellbarer Break hatte mein Leben abrupt gebremst und aus den Angeln gehoben. Letztendlich wurde mir dadurch nur eine Entscheidung abgenommen, die ich zu lange vor mir hergeschoben hatte. Diese Einsicht kam allerdings erst im Laufe der Zeit. Obwohl ich in dieser Anfangszeit der Erkrankung wenig Kraft hatte und sehr mit mir beschäftigt war, wurde mir mehr und mehr bewusst, dass ich die Tatsache, ein behindertes Kind zu haben, so ganz und gar nicht akzeptiert hatte. Wir wollten unsere Welt mit einem kleinen Makel aufrechterhalten und taten so, als wenn wir das schon irgendwie hinkriegen und sich alles normalisieren würde.
Bei uns doch nicht … Wir sind doch erfolgreich und rechtschaffen, das spielt sich schon irgendwann ein …
Mein Mann und ich waren oft durch den Schlafmangel und die schwere Last der Pflege unseres Sohnes erschöpft und ausgelaugt. Doch als Paar und Eltern konnten wir uns aufeinander verlassen und Ben wurde in unsere Liebe integriert. Wir drei wurden ein unschlagbares Team und schauten ausschließlich in die Zukunft. Was uns sehr geholfen hat, war, dass Ben von Beginn an ein Sonnenschein und ein glückliches Kind war und immer noch ist, der von allen Menschen in unserem Umkreis mit seiner Einschränkung akzeptiert und geliebt wird.
Nach und nach fand ich in meine Aufgabe als Mutter eines behinderten Kindes und investierte endlich die Kraft und Zeit in Ben, die er schon lange verdient hatte. Auch lernten wir andere Eltern mit gleichen Problemen kennen und schlossen neue Freundschaften. Sich über die gleichen Sorgen, Probleme und einen ähnlichen Alltag auszutauschen, half sehr. Ben und ich hatten einfach Zeit für alles, was vorher schnell gehen musste und nun hatte ich auch die Geduld, Ben Alltagsdinge selbst machen zu lassen. Auch wenn ich täglich mehrmals wieder alles aufräumen und wegwischen musste, er wurde dadurch gestärkt und gefördert und ich konnte Ben so unterstützen. Dass sich die investierte Zeit auszahlte, war tatsächlich schon nach wenigen Monaten spürbar und erkennbar. Sogar von Bens Therapeuten wurden wir angesprochen, dass er sich seit einiger Zeit wunderbar und toll entwickelt.
Ben wurde zunehmend wacher und aufmerksamer, wir wurden oft gefragt: „Was habt ihr denn in letzter Zeit gemacht?“ Tja, das war für mich ein eindeutiges Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg waren und immer noch sind.
Nach wie vor hatte Ben einen sehr schwachen Rumpftonus und die Kopfkontrolle war ebenfalls schwierig für ihn. Er konnte weder alleine sitzen noch stehen und schon gar nicht laufen. Ben war mit zwei Jahren in die Kleinkindgruppe der „Pfennigparade – Phoenix Schulen und Kitas“ in München aufgenommen worden und im Krippenalltag zeigte sich recht schnell die Notwendigkeit eines speziellen Sitzes für ihn, damit keine zusätzlichen Haltungsschäden drohen. Zuhause hatten wir zwar seit Kurzem einen klassischen Therapiestuhl mit jeglichem Zubehör und Polster etc., die Anfrage bei der privaten Krankenkasse für einen zweiten Stuhl oder einen ähnlichen Sitz für die Kita ergab aber, dass eine Zweitversorgung abgelehnt wurde.
Das gesamte Prozedere mit einem Einspruch gegen diese Ablehnung und einem Kampf um den gesetzlichen Anspruch hätten wir natürlich aufgenommen, jedoch wäre nebenbei wieder wertvolle Zeit verstrichen, während der unser Sohn nur unzureichend würde sitzen können.
Daher haben wir uns kurzerhand selbst geholfen.
Mein Mann Leonhard ist im Erstberuf Schreiner. Und so entwickelten und bauten wir eine wunderbare Sitzmöglichkeit für den Kindergarten.
Die für Ben notwendigen Hilfen wie Pelotten, Sitzkeil und Trittbrett wurden einfach aus Holz und mit zusätzlichem Material erstellt und angepasst. Ben saß sogar so gerne in diesem Stuhl, dass wir jeweils für zuhause und für die Zeit bei den Großeltern einen Stuhl mit Untergestell anfertigten, damit er am Tisch sitzen konnte. Und er war begeistert! Unsere Motivation, den Prototyp weiterzuentwickeln, wurde durch die Fortschritte unseres Sohnes und auch durch die beteiligten Konduktorinnen und Therapeutinnen verstärkt. Ebenfalls konnten wir den Bedarf von anderen Eltern, Erfahrungswerte aus der Praxis und somit wertvolle Impulse in die Entwicklung einbringen. Auch andere Kinder konnten den Stuhl testen, die Ergebnisse waren zielführend und die gute Sitzposition der Kinder war für den Betrachter sofort erkennbar. Seit zwei Jahren sind wir nun aktiv, diese wunderbaren und innovativen Sitzmöbel auch in andere heilpädagogische Einrichtungen, Therapiezentren, ja sogar in Frühförderstellen zu bringen. Unser Ziel ist es, bereits dort den Einstieg für die Kinder zu ermöglichen, die Therapeutinnen zu sensibilisieren und mit ins Boot zu holen, damit die Kinder von Anfang an den Mehrwert dieser aktiven Sitzmöbel für die Therapieeinheiten, Kindergärten und auch für zuhause erfahren. Die besondere Ausstattung unterstützt die Kinder bei einer stabilen Haltung und versetzt sie in die Lage, mit anderen Kindern auf Augenhöhe selbstständig zu sitzen.
Mittlerweile gibt es die Sitzmöbel in verschiedenen Größen, Modellausführungen und mit diversem Zubehör. Unsere Stühle und Sitze sind eine sinnvolle und wunderbare Ergänzung zur klassischen Hilfsmittelversorgung. Sie sorgen für ein anderes Körpergefühl bei den Kindern und sind für die Einrichtungen und die Eltern erschwinglich.
Dieser neue Weg hat erst begonnen und es liegt noch sehr viel Arbeit vor uns. Dennoch sind wir schon jetzt sehr dankbar – als Eltern und als Unternehmer –, dass wir anderen Kindern und Betroffenen helfen und dazu beitragen können, den Alltag unserer besonderen Kinder zu erleichtern.
Liebe Frau Afrashteh, Sie sind eine sehr gefragte Schauspielerin, umso mehr möchten wir uns bei Ihnen bedanken, dass Sie sich für unsere „besonderen Kinder“, so nennen wir die Kinder mit Handicap, Zeit genommen haben.
In Ihren Rollen sind Sie sehr facettenreich und stehen unter anderem auch mit Kindern vor der Kamera. Ich denke da an Ihre Rolle in der Serie „Löwenzahn“ als Yasemin.
Was an dieser Rolle hat Sie besonders fasziniert?
Yasemin vereint vieles, was ich an einem Menschen schätze: Sie ist sehr einfühlsam und hat immer Zeit und ein offenes Ohr für ihren besten Freund Fritz Fuchs. Gleichzeitig ist sie eine starke und selbstbewusste Frau, die mit aller Kraft und Liebe ihren kleinen Kiosk betreibt. Ich mag ihre Tatkraft und ihr großes Herz.
In Ihrer Filmrolle als Anästhesistin, in der Serie „In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte“, sind Sie trotz hohen Arbeitsdrucks mit Patienten konfrontiert, gegenüber denen kaum ein Platz für Menschlichkeit und Empathie in der Klinikroutine bleibt. Sie kriegen das aber hin.
Ist das nur eine „Rolle“ oder ist diese Umsetzung ein Teil Ihres Lebens?
Ich denke schon, dass viel von mir in die Rolle der „Leyla Sherbaz“ mit einfließt. Im Stress des Alltags und in der Routine unserer Abläufe bleibt immer Zeit für ein Lächeln oder ein freundliches Wort – und das ändert manchmal so viel. Deshalb versuche ich das auch in meinem Leben so zu handhaben und nicht nur als Ärztin vor der Kamera.
Integration und Inklusion sind zurzeit wichtige Themen und in aller Munde.
Wie sieht in Ihren Augen eine gelungene Inklusion und Integration aus?
Integration bedeutet für mich nicht, dass sich die eine Seite komplett in die Welt der anderen „reinpressen“ muss. Inklusion und Integration findet da statt, wo man sich auf Augenhöhe begegnet und merkt, dass beide Seiten voneinander lernen und aneinander wachsen können, aufeinander zugehen, eine gemeinsame Welt schaffen, in der jeder gleichermaßen wichtig ist und seinen Teil dazu beiträgt, diese Welt zu dem besonderen Ort zu machen, der sie ist. Das ist in meinen Augen gelungene Integration und Inklusion.
Wenn Sie unsere gesellschaftlichen Strukturen beeinflussen könnten, was wäre Ihr erstes Anliegen?
Wenn ich könnte, würde ich dafür sorgen, dass Berufe in der Pflege, Erzieher und Lehrer besser bezahlt werden und besser aufgestellt sind, denn in meinen Augen sind das die Säulen unserer Gesellschaft. Ich würde Kindergärten und Schulen so ausstatten, dass „besondere Kinder“ gemeinsam mit den anderen aufwachsen und lernen können, damit weniger Berührungsängste und mehr Gemeinsamkeiten entstehen. Ich würde veranlassen, dass Menschen, die im Alter Hilfe und Zuwendung brauchen, sie auch bekommen. Ich wünsche mir, dass wir diejenigen, die unsere Unterstützung am nötigsten brauchen, nicht allein lassen, sondern in unsere Mitte aufnehmen – wo sie hingehören.
Sie als engagierte und berufstätige Mutter sind in Ihrem Job sehr eingespannt und durch die geographische Entfernung auch nicht permanent in der Nähe Ihrer Tochter und Ihres Partners.
Wie kriegen Sie diesen Spagat hin? Oder kommt dann bei Ihnen schon einmal ein schlechtes Gewissen auf?
Ich versuche immer, kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich meiner Tochter zeigen will, dass ich meinen Beruf gern ausübe – aber so ganz gelingt es mir nicht immer. Es gibt Tage, da bin ich ganz schön überfordert. Aber ich versuche, immer dort, wo ich bin, wirklich zu sein, und nicht im Kopf noch im „Vorhin“ oder im „Nachher“. So arbeite ich, wenn ich arbeite, und wenn ich bei meiner Tochter bin, bin ich voll und ganz Mama. Das hilft gegen das schlechte Gewissen.
Das Magazin Momo ist für Eltern und Kinder, die besonders sind. Es soll nicht nur Mut machen, sondern auch eine Plattform bieten, auf der Eltern und Betroffene die Möglichkeit haben, sich auszutauschen. Betroffene Eltern für Eltern!
Haben Sie eine Lebensphilosophie für unsere kleinen und großen Leser?
Sei selbst das Licht, das du in der Welt suchst. (Buddha)
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