Interview mit Ildikó von Kürthy

Ildikó von Kürthy im Interview

Ildikó von Kürthy arbeitet als Journalistin, ist Kolumnistin der Zeitschrift „Brigitte“ und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Hamburg. Ihre Bestseller wurden mehr als sechs Millionen Mal gekauft und in 21 Sprachen übersetzt. Die ehemalige „Stern“-Redakteurin ist Spezialistin für kluge, humorvolle und warmherzige Unterhaltung. „Es wird Zeit“ ist ihr neunter Roman, ein wunderbares Buch, in dem Wahrheit und Witz, Tiefgang und Leichtigkeit auf engstem Raum zusammenfinden.

 

Liebe Frau von Kürthy,
Sie sind eine sehr gefragte Schriftstellerin und Journalistin, weshalb wir uns umso mehr bei Ihnen bedanken möchten, dass Sie sich für unsere „besonderen Kinder“ – wie wir die Kinder mit Handicap nennen – Zeit genommen haben.
Durch die Blindheit Ihres Vaters mussten oder wollten Sie bereits früh Verantwortung übernehmen. Hat diese Erfahrung Ihre Sichtweise auf Menschen mit Handicap im Laufe Ihres Lebens verändert?

Für mich war der blinde Vater Normalität. Bis heute empfinde ich eine – womöglich etwas unangebrachte – freundliche Melancholie, wenn ich einem blinden Menschen begegne. Blindheit gehörte zu meinem Leben und ist Teil einer Menge guter Erinnerungen an meine Kindheit. Ich habe die meisten meiner Ferien in Kriegsblindenkurheimen verbracht – und das ausgesprochen gern. Mein Vater war sehr selbstständig, ein beeindruckender, vitaler Mann, Hochschulprofessor, gefragter Redner und intensiver Zuhörer. Es mag sein, dass ich durch mein Aufwachsen mit diesem blinden Vater eine, ich bitte das nicht abwertend zu verstehen, geradezu pragmatische Einstellungen gegenüber körperlichen Handicaps entwickelt habe. Natürlich berühren die besonderen Kinder mein Herz und ich bin voller Mitgefühl – aber gleichzeitig habe ich von klein auf miterlebt, wie erfüllend und glücklich das Leben von Menschen mit Behinderung sein kann.

Sie werden als gute Beobachterin beschrieben und sind Mutter von zwei Söhnen. Wenn Sie sich unser Schulsystem und unsere Gesellschaft anschauen, was würden Sie in Bezug auf Integration und Inklusion verändern wollen?

Da bin ich ehrlichgesagt völlig überfragt. Integration halte ich für eine wichtige Selbstverständlichkeit. Über die Erfolge und Konzepte der Inklusion weiß ich nicht genug. Ich kenne kluge Pädagogen, die glauben, mit Inklusion sei niemandem gedient und ebenso viele, die sie für richtig und wichtig halten. Das zu beurteilen überlasse ich Experten und Betroffenen.

In Ihrem zuletzt erschienenen Buch „Es wird Zeit“ ist Ihre Freundin Jutta ein großes Thema, die an einem Pankreaskarzinom erkrankt ist und die Sie in einigen Lebenssituationen begleitet haben. Viele Menschen sind unsicher im Umgang mit einer lebenslimitierenden Diagnose eines nahestehenden Menschen und den daraus resultierenden Behandlungen. Wie sind Sie mit diesen Situationen umgegangen?

Es gibt keinen guten, keinen einzig richten Weg damit umzugehen, wenn das Schicksal zuschlägt oder man Zeuge wird, wie das Leben eines geliebten Menschen bedroht oder gar zerstört wird. Jeder Leidende ist anders und jeder Mitleidende auch. Was mir hilft ist Sprache und Gemeinschaft. Mir tut es wohl, über das Grauen zu sprechen – es zu analysieren, genau kennenzulernen, sich den Schmerz vertraut zu machen, er ist schließlich Teil von einem selbst. Meine erkrankte Freundin ist eine außerordentlich kluge und großherzige Frau, die sich nicht verschlossen, sondern auch denen, die ihr nahestehen die Möglichkeit gegeben hat, an ihrem Leid und übrigens auch ihrem Glück teilzuhaben. Das war ein Geschenk für mich, Mut machend und vorbildhaft.

Das Leben schlägt manchmal Haken und ist nicht immer planbar. Unser Magazin Momo ist für Eltern und Kinder, die besonders sind. Es soll nicht nur Mut machen und zeigen, was im Alltag alles möglich ist, sondern auch Eltern und Betroffenen die Möglichkeit bieten, sich auszutauschen. Betroffene Eltern für Eltern! Was würden Sie unseren kleinen und großen Lesern mit auf den Weg geben?

Ich empfinde mich nicht als Ratgeberin oder gar Expertin in Sachen Lebensbewältigung. Ich sehe ein Geben und Nehmen und bin selbst immer wieder am Rande der Verzweiflung und auf der Suche nach Zuversicht. Was mir hilft, ist die Konzentration auf die Gegenwart und die aufrichtige Analyse der Vergangenheit. Die Zukunft wird überbewertet – zumindest die Gedanken und Sorgen, die man sich über sie macht. Ich finde es wichtig, viel Energie in einen gelungenen Alltag zu stecken und die Wahrnehmung für Dankbarkeit im Kleinen zu schulen.

Vielen herzlichen Dank für dieses Interview!
Martina Lange

 

Fotos: ©Jan Rickers, Buchcover_siehe Verlag

Erfrischende Sommertage in Bayern

Wenn die Wahl nur nicht so schwerfiele: Schwimmen oder paddeln, mit dem großen Dampfer in See stechen oder das Adrenalin beim Canyoning spüren, eine Wanderung durch eine kühle Klamm oder einfach nur am Ufer sitzen, einen Sundowner trinken und den Kindern beim Planschen zusehen?

Eines ist sicher: In Bayern ist für die ganze Familie prickelnde Erfrischung im Sommer garantiert. Und ganz nebenbei taucht man ein in das unverwechselbare bayerische Lebensgefühl. Zahlreiche Orte und Regionen bieten auf Barrierefreiheit geprüfte Freizeitangebote am Wasser an und machen so den Sommerurlaub zu einem Erlebnis voller unbeschwerter Erinnerungen.

Viel Spaß beim Eintauchen!

 

 

Erfrischender Adrenalin-Kick im Allgäu

Im oberen Allgäu bietet der Outdoor-Spezialist purelements geführte Canyoning-Touren durch wunderschöne naturbelassene Schluchten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen an. Bei den Touren ist es teilweise erforderlich zu schwimmen. Manche Felsen werden durch Abseilen, Klettern und Rutschen bewältigt. Die Touren werden durch ausgebildete und zertifizierte Canyoning-Guides begleitet und individuell an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst. www.purelements.de

Naturerlebnis mit allen Sinnen in den Ammergauer Alpen

Ein Rundweg um den Soier See im Naturpark Ammergauer Alpen lässt Kinderherzen höherschlagen. Auf einem Vogellehrpfad erklingen mit einem speziellen TING-Stift (ausleihbar vor Ort) die Stimmen verschiedener Vögel an sechs liebevoll gestalteten Schaukästen. Ein Moorlehrpfad vermittelt Wissen rund um den Lebensraum Moor. Ein besonderes haptisches Erlebnis ist der abwechslungsreich gestaltete Barfußparcours. Die Wanderung um den See führt über relativ flaches Gelände und bietet reichlich Ruhestationen. Im Sommer lädt der See mit seiner schönen Liegewiese zum Baden oder Ruderbootfahren ein. www.bad-bayersoien.de

Kreuzfahrtfeeling im Fränkischen Seenland

Für kleine Entdecker ist eine Fahrt auf dem Trimaran „MS Brombachsee“ ein ganz besonderes Erlebnis. Bei den Kinderferienaktionen, wie z. B. dem „Mini-Kapitänspatent“, erfahren die Kinder viel Wissenswertes über das Schiff und dürfen den Kapitän im Steuerhaus besuchen. Zudem haben sie die Möglichkeit, ein „Mini-Kapitänspatent“ zu erlangen. Bei den „Wickie-Erlebnistagen“ finden lustige Wikingerspiele und Aktionen rund um Wickie statt. Alle Decks sind stufenlos erreichbar. www.msbrombachsee.com

 

 

 

 


Planungssicherheit für einen Urlaub ohne böse Überraschungen

In Bayern haben bisher mehr als 550 Ausflugsziele, Orte und sogar ganze Regionen ihr Angebot nach dem System „Reisen für Alle“ auf Barrierefreiheit überprüfen lassen. Gäste mit eingeschränkter Beweglichkeit oder anderen Handicaps, junge Familien mit Kleinkindern sowie komfortliebende Menschen finden unter einer Vielzahl von auf Barrierefreiheit geprüften und zertifizierten Angeboten und Urlaubserlebnissen die für sie optimalen Bedingungen. So lässt sich der Urlaub im Vorfeld optimal planen und sorgenfrei in vollen Zügen genießen.
Nähere Infos und detaillierte und geprüfte Informationen zur Barrierefreiheit sowie eine kostenfreie Broschüre mit weiteren Urlaubserlebnissen erhalten Sie unter: www.bayern.by/urlaub-fuer-alle


Text: © Bayern Tourismus Marketing GmbH   Fotos: www.bayern.by – Jan Greune, www.gesundes-bayern.de, DZT_Altmühl- und Brombachsee – Jens Wegener

„Schiff ahoi“ – im Donau- und Altmühltal

Eingebettet zwischen Altmühl und Donau liegt die Altstadt der Herzogstadt Kelheim, die bis in den letzten Pflasterstein voller Geschichte steckt. Das imposante Wahrzeichen der Stadt, die von König Ludwig I. erbaute Befreiungshalle, thront hoch oben auf dem Michelsberg. Von dort genießt man einen traumhaften Ausblick über die Stadt und das Naturschutzgebiet „Weltenburger Enge“ mit dem berühmten Donaudurchbruch. Mit der Ludwigsbahn, einem Mini-Zug, gelangt man von der Befreiungshalle zur Schiffsanlegestelle an der Donau. Hier legen die barrierefreien Ausflugsschiffe zu ihrer Fahrt durch den Donaudurchbruch mit seinen spektakulären Felswänden ab. Im Kloster Weltenburg angekommen, laden die Klosterschenke und der Biergarten zu einer Stärkung mit bayerischen Schmankerln ein. Die Klosterbrauerei ist weltweit die älteste ihrer Art und die von den berühmten Gebrüdern Asam erbaute Klosterkirche zählt zu den bedeutendsten Barockkirchen Europas. Wanderfreudige können den Weg von Kelheim zum Kloster Weltenburg auf einem kinderwagengerechten Weg entlang der Donau und durch schattige Wälder zurücklegen.

 

In Kelheim legen Schiffe nicht nur in Richtung Donaudurchbruch ab, sondern nehmen Sie auch mit auf Entdeckungsreise ins Altmühltal. Ein besonderes Erlebnis ist das Passieren der Schleuse, bei der das Schiff einige Meter angehoben oder abgesenkt wird, bevor es weiterfahren kann. Die beiden Uferseiten des dicht an den Felsen gebauten Ortes Essing verbindet der rollstuhl- und kinderwagengerechte „Tatzlwurm“, eine der längsten Holzbrücken Europas. In Riedenburg angekommen, führt der Rundwanderweg Drei-Burgen-Steig zu den Burgruinen Tachenstein und Rabenstein sowie zum Schloss Rosenburg. Bei einer beeindruckenden Flugvorführung auf dem Falkenhof Schloss Rosenburg können Sie sich von den Flugkünsten der Greifvögel bezaubern lassen. Einen tollen Panoramablick auf Riedenburg und das Altmühltal hat man vom „Schwammerl“ aus, das über einen barrierefreien Spazierweg zu erreichen ist. Im Kristallmuseum, wo die größte Bergkristallgruppe der Welt bestaunt werden kann, eröffnet im März 2020 die Sonderausstellung „Schlau wie!Ein!Stein“. Die Sommerrodelbahn „AltmühlBOB“ und der naturnahe Badesee St. Agatha garantieren Spaß für die ganze Familie.

Noch mehr Erlebnisse für Familien finden Sie unter:

www.tourismus-landkreis-kelheim.de

Text: © Tourismusverband im Landkreis Kelheim e.V.  Fotos: Tourismusverband im Landkreis Kelheim e.V., Fotografen: Anton Mirwald, Michaela Heelemann

 

ARBERLAND – Wasser und Wald für Alle

Als eine der ersten Pilotdestinationen von „Reisen für Alle“ in Bayern verfügt das ARBERLAND Bayerischer Wald über vielfältige Ausflugsziele und Unterkünfte, die als barrierefrei zertifiziert wurden. Der waldreichste Landkreis in Bayern bietet mit dem Nationalpark Bayerischer
Wald und dem Naturpark viele Erlebnisse in und mit der Natur.

Auch Urlaub am Wasser, ist beispielsweise am Großen Arbersee am Fuße des Großen Arbers möglich. Der hintere Teil wurde mit neuen Stegen und Stehlen gestaltet und ist mit Rollator, geländetauglichem Rollstuhl oder einem Kinderwagen problemlos zu meistern.

Der See ist ein einzigartiges Relikt aus der letzten Eiszeit und liegt in einem 157 Hektar
großen Naturschutzgebiet. „Schwimmende Inseln“ und die 400 Meter steil aufragende Arberseewand mit kleinen Wasserfällen und Sumpfmulden bieten ein unvergessliches Naturspektakel.

Direkt am Arbersee befindet sich ein Bootsverleih, der seit über hundert Jahren hier seine Tradition hat. Früher fuhren die Besucher mit klassischen Ruderbooten über den See. Aus Gründen des Naturschutzes und der Sicherheit werden heute nur noch Tretboote benutzt.

Auch das neue Arberseehaus am Ufer des Großen Arbersees wurde nach den „Reisen für Alle“-Kriterien überprüft und ist größtenteils barrierefrei erreichbar. Bayerische Spezialitäten und frische, selbstgebackene Kuchen laden zur gemütlichen Einkehr ein. Ein Highlight im Sommer sind die traumhafte Sonnenterasse und der Wintergarten mit herrlichem Blick auf den See.

Der Arbersee ist ein Ausflugsziel für die ganze Familie, das sich mit weiteren barrierefreien Ausflugszielen in der Nähe kombinieren lässt, wie etwa mit einem Besuch des Großen Arber (Gastronomie am Berg und Lift barrierefrei), dem mit 1456 Metern höchsten Bergs im Bayerischen Wald und Namensgebers der Region ARBERLAND, oder einer der traditionellen Glashütten in Bodenmais oder im „Gläsernen Herz“ Frauenau.

Weiterführende Informationen:

www.aberland.de
www.aberseehaus.de
www.arber.de

 

 

 

 

Text: ©ARBERLAND REGio GmbH  Foto: ©arberseehaus, bietau

Interaktive Shutterbrille ersetzt Klebepflaster

Interaktive Shutterbrille ersetzt Klebepflaster

Bislang behandeln Augenärzte die sogenannte Schwachsichtigkeit (Amblyopie) bei Kindern durch Abkleben des gesunden Auges. Das beeinträchtigte Auge wird dadurch trainiert. Doch diese Art der Therapie zeigt nur dann Erfolge, wenn die verordnete Tragezeit des Pflasters eingehalten wird. Dies ist oftmals nicht der Fall – viele Kinder tragen das Pflaster aus Scham nicht. Künftig soll eine elektronische Sehhilfe mit sensorischem Feedback das gesunde Auge situationsbedingt automatisch verdunkeln und die Kinder beim korrekten Tragen unterstützen.

Die funktionale Sehschwäche eines Auges ist eine häufige Ursache für Sehbehinderungen bei Kindern. Standardmäßig wird die Schwachsichtigkeit – Experten nennen sie Amblyopie – durch Abdecken des besseren Auges mit einem verdunkelnden Pflaster therapiert. Das geschädigte Auge wird auf diese Weise trainiert, das Gehirn nimmt dessen Signale an. Je früher die Behandlung erfolgt, desto besser stehen die Heilungschancen. Nachteile dieser Therapie sind das eingeschränkte räumliche Sehen und das unvorteilhafte Erscheinungsbild des Klebepflasters. Häufig lehnen Kinder ein solches Pflaster ab und tragen es nicht. Daher verfehlt die Therapie oftmals ihr Ziel, denn der Erfolg der Behandlung hängt von der Tragezeit ab. Im Verbundprojekt InsisT wollen die Projektpartner die schwierige Behandlung kleiner Kinder entscheidend vorantreiben und die Therapieziele durch eine interaktive, kontextsensitive Shutterbrille mit sensorischem Feedback verbessern. Dank der neuen Technologie lässt sich die Abdeckung des Auges situationsbedingt steuern, bei bewegungsintensiven Aktivitäten kann sie ausgesetzt werden, um Unfälle aufgrund eines fehlenden räumlichen Sehvermögens zu vermeiden.

Multimodale Sensorik im Brillengestell

Für die Steuerung der Brille sorgt eine multimodale Sensorik, die sich in den Brillenbügeln befindet. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik IBMT entwickeln diese Brillenelektronik sowie die Smartphone-App, mit der die Eltern des erkrankten Kindes die Therapie überwachen können. Sämtliche Informationen werden in einer digitalen Patientenakte gesammelt, ebenfalls eine Entwicklung des IBMT-Forscherteams. Diese datenschutzkonforme Webanwendung ist für den behandelnden Augenarzt zugänglich, der den Therapieverlauf kontrollieren, anpassen und optimieren kann. Er erfährt, ob und wann die Brille getragen wurde. Diese Transparenz fehlte bei der bisherigen Methode. „Die Daten werden von der Brille per Bluetooth drahtlos auf die App und anschließend in die Datenbank übertragen, die in der Cloud alle Informationen sicher archiviert. Ziel dieses Vorgehens ist es, eine individualisierte Therapie zu realisieren“, erläutert Dr. Frank Ihmig, Wissenschaftler am Fraunhofer IBMT in St. Ingbert.

Akzeptanz der Therapie erhöhen

Diese Echtzeitdatenverarbeitung wird durch unterschiedliche Sensoren möglich:

Temperatur- und Hautkontaktsensoren überwachen den Tragezustand, die Trageposition und die Tragedauer der LCD-Brillengläser. Die Daten werden in einem elektronischen Speicher protokolliert, der im Gestell untergebracht ist. Das vorübergehende und ggf. wechselweise Abdecken eines Auges lässt sich steuern und individuell anpassen – ein Vorteil gegenüber der bisherigen Therapie mit Klebepflaster. Die Projektpartner hoffen, die kleinen Patienten auf diese Weise zum permanenten Tragen der Brille zu motivieren. Die Hautkontaktsensoren prüfen den korrekten Sitz des Systems und geben den Betroffenen ein kindgerechtes Feedback. Dadurch kann die Akzeptanz der Therapie erhöht werden.

Ein Beschleunigungssensor erkennt Bewegungsmuster, wobei er verschiedene Aktivitäten wie Stehen, Liegen, Sitzen, Gehen, Laufen, Springen, Fahrradfahren und Treppensteigen unterscheidet. Bei bewegungsintensiven Aktivitäten wie beim Sport wird die Ansteuerung der LCD-Gläser abgeschaltet, die Verdunkelung deaktiviert, sodass das volle räumliche Sehvermögen gewährleistet ist. Dies dient der Sicherheit des Kindes und Unfälle sowie Verletzungen werden so umgangen.
Ein erstes Funktionsmuster der Brillenelektronik liegt vor, im nächsten Schritt wird diese verkleinert, damit sie sich in Kinderbrillengestelle einbauen lässt. Darüber hinaus arbeiten die Forscher an der Optimierung der Batterielaufzeit, das Laden der Shutterbrille erfolgt drahtlos.

Quelle: fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen

Fotos: pxere.com

(Ab-)Wasser – die Quelle des Lebens

Oft gehört und selten gesehen. Wie funktioniert eigentlich eine Kläranlage? Unser Abwasser aus dem Haushalt gelangt durch die Kanalisation in ein Klärwerk. Und nun?

Schmutziges Wasser aus der Toilette, der Waschmaschine, der Badewanne oder der Dusche nennt man Abwasser. Pro Tag und Person fallen mehr als 100 Liter Abwasser an! Dieses wird durch Abwasserleitungen aus dem Haus in die Kanalisation geführt. Nicht nur Haushalte erzeugen Abwasser, sondern auch Gewerbebetriebe. Man unterscheidet deshalb Industrie- und Haushaltsabwässer. Das Abwasser enthält dabei eine Reihe von Stoffen, die nicht in Gewässer wie Flüsse oder Seen gelangen dürfen. Das ist in Deutschland und anderen Ländern gesetzlich geregelt.

Um das Abwasser aufzubereiten und zu reinigen, müssen die Inhaltsstoffe entfernt und vom Wasser getrennt werden. Dazu gibt es Kläranlagen, die mit mechanischen, biologischen und chemischen Verfahren arbeiten.

Der verbleibende, nicht weiter abbaubare Klärschlamm kann in der Landwirtschaft als organischer Dünger Verwendung finden oder er muss einer Verbrennungsanlage (Müllheizkraftwerk) zugeführt werden. Die entstehenden Mengen an organischen Stoffen sind beachtlich! So fallen allein in Hamburg jährlich über 100 000 Tonnen organische Reststoffe an.

 

Zu viel Nitrat im Grundwasser

Was genau ist Nitrat und was sind die Folgen?

Nitrate sind die Salze und Ester der Salpetersäure. Sie zählen zu den wasserlöslichen Salzen aus Stickstoff, die von Natur aus im Boden vorkommen. Durch Nitrifikation entsteht im Boden unter Mitwirkung von Bakterien aus Ammoniumionen über die Zwischenstufe Nitrit das Nitrat.

Sowohl für Menschen als auch Tiere und die meisten Pflanzen ist Stickstoff essenziell, denn dieser treibt die Eiweißbildung im Körper an. Nitrat dient den Pflanzen als Nährstoff. Daher wird es häufig zum Düngen von Feldern genutzt und gelangt so in unnatürlich großen Mengen in die Böden. Auch Ausscheidungen landwirtschaftlich gehaltener Tiere, wie etwa Kuhdung, weisen Nitrat auf. Stark für die Viehhaltung genutzte Flächen und Weiden sind daher ebenso große Nitrat-Problemstellen wie gedüngte Flächen.

Insbesondere als Folge der Güllewirtschaft sind die Nitratgehalte der Grundwässer in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen. Gesetzliche Regelungen über Art, Menge und Zeitpunkt der Düngung sowie entsprechende Weiterbildungs- und Sanierungsmaßnahmen sollen zu einer allmählichen, allerdings stark verzögerten Sanierung des Grundwassers führen.

50 Milligramm pro Liter Wasser – das ist der Grenzwert für Nitrat im Grund- und Oberflächenwasser in Europa. In Deutschland überschreiten jedoch 28 Prozent der Messstellen diesen Wert. Gelangt das Nitrat in unser Trinkwasser, kann das zum einen die Gesundheit schädigen, besonders bei Säuglingen und Kleinkindern. Zum anderen hat diese Menge an Nitrat im Wasser gravierende Auswirkungen auf die Natur.

Warum ist Nitrat so gefährlich?

Im Körper können durch  Stoffwechselprozesse Nitros-amine oder Nitrit entstehen. In geringen Mengen ist der Stoff für Erwachsene unbedenklich. Für Babys und Kinder kann er allerdings sehr gefährlich sein, da er die roten Blutkörperchen angreift, die Sauerstoff durch den Körper transportieren. Nitrate können zudem die
Jodaufnahme stören und in abgewandelter Form auch die Gefäße verstopfen.

Mikroplastik im alltäglichen Leben

Duschgel, Zahnpasta, Lippenstift – in vielen Kosmetikprodukten steckt noch immer Mikroplastik. Die winzigen Plastikpartikel gelangen über das Abwasser in die Umwelt und richten dort unabsehbare Schäden an.

Als Mikroplastik werden gemeinhin Plastikpartikel bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Oftmals sind die Teilchen so klein, dass sie für das menschliche Auge kaum noch sichtbar sind. Mik-roplastik wird zum einen gezielt industriell hergestellt, um dann in Produkten wie Kosmetika Verwendung zu finden (primäres Mikroplastik). Zum anderen entstehen die winzigen Plastikteilchen auch, wenn größere Kunststoffteile, beispielsweise Plastiktüten, mit der Zeit zerfallen (sekundäres Mikroplastik).

Im alltäglichen Leben sorgt man unbewusst für eine Verschärfung genau dieses Problems. So gelangen unter anderem beim Wäschewaschen (insbesondere im Schonprogramm) viele Mikroplastikfasern ins Abwasser. Somit gehören Textilien mit Kunststofffasern zu den Hauptverursachern von Mikroplastik.

 

 

 

Diese kleinen Tipps können einiges verändern:
1.

Einen großen Beitrag leistet ein Verzicht auf  Kosmetik mit synthetischen Kunststoffverbindungen, denn somit trägt man das Mikroplastik direkt auf den Körper auf, sodass es durch das Waschen im Abwasser und letztlich in natürlichen Gewässern landet.

2.

Beim Kauf von Kleidung und anderen Textilien sollte man zu Baumwollprodukten und Stoffen aus Naturfaser greifen oder zumindest darauf achten, dass sie einen sehr geringen Kunstfaseranteil haben, denn bei jedem Waschgang gelangen Mikrokunstfasern ins Abwasser.

3.

Hilfreich ist es auch, bei Getränken auf Kunststoffflaschen zu verzichten und besser zu Glasflaschen zu greifen.

 

Wie gefährlich sind die winzigen Kunststoffteilchen?

Die kleinen Plastikteile werden ausgehend von unseren Alltagsprodukten über das Abwasser in die Kläranlagen gespült, wo sie nicht vollständig herausgefiltert werden können.Über die natürlichen Wasserkreisläufe gelangt dann ein großer Teil des Mikroplastiks in die Flüsse und ins Meer. Die Kunststoffe werden dann samt Schadstoffen von den Meeresorganismen aufgenommen: So wurde Mikroplastik in Seehunden, Fischen, Muscheln und kleineren Organismen nachgewiesen, die es passiv oder mit ihrer Nahrung aufnehmen. Im Magen-Darm-Trakt können diese Schadstoffe wieder freigesetzt werden und Einfluss auf den Organismus nehmen.

Ein Beitrag von Kevin Lange
Foto und Textquellen: pxhere.com, pixabay.com, kids-and-science.de, wikipedia.com, wassertest-online.de, focus.de, utopia.de, fitbook.de

MyoCamp 2019. Auf den Spuren der Indianer

MyoCamp 2019. Auf den Spuren der Indianer

Im MyoCamp können Kinder mit Armamputation oder Dysmelie ihre Fähigkeiten im Umgang mit ihrer myoelektrisch gesteuerten Armprothese spielerisch trainieren.

Eines der Teilnehmerkinder, die achtjährige Magdalena, trägt erst seit zwei Jahren eine Armprothese. Durch einen tragischen Unfall in der Schreinerei ihres Vaters verlor sie 2017 ihre linke Hand. Trotz dieses schweren Schicksalsschlags akzeptierte Magdalena ihre Myo-Prothese überraschend schnell. Sie steuert das Hilfsmittel inzwischen völlig intuitiv an und verwendet beide Arme absolut gleichrangig.

Die anderen Teilnehmerkinder haben, im Gegensatz zu Magdalena, von Geburt an ein „kleines Ärmchen“, wie sie es nennen. In der Fachsprache bezeichnet man diese Erkrankung als angeborenen Gliedmaßendefekt (Dysmelie). Die betroffene Extremität war hier von Anfang an nicht angelegt oder sie wurde im Mutterleib abgeschnürt. Im klinischen Bild gleicht dieser Defekt einer Amputation und kann deshalb mit einer Prothese behandelt werden.

Das diesjährige Myo-Training stand unter dem Motto „Auf den Spuren der Indianer“. Das Bildungszentrum in Brannenburg am Fuße des Wendelsteins stellte sich mit seinem Panorama-Bergblick als optimaler Veranstaltungsort heraus. Im Mittelpunkt des Camps stand das gemeinsame Basteln, das die Feinmotorik der Kinder trainieren sollte. In diesem Rahmen entstanden Steckenpferde, Indianergewänder, Federschmuck, ein Marterpfahl und bunte Indiacas, mit denen die kleinen Indianer ihre Treffsicherheit üben konnten.

Ob anschleichen, Perlen auffädeln, Dosen abwerfen, angeln oder auf der Slackline balancieren – die jungen Camp-Teilnehmer hatten einen Riesenspaß. Höhepunkt der Woche war der gemeinsame Ausflug zum Reiterhof. Vor Ort konnten sich die Indianer zunächst auf einem großen Spielplatz austoben, bevor sie sich aufs Pony schwangen. Beim gemeinsamen Einnehmen der Mahlzeiten wurde täglich das Hantieren mit Messer und Gabel eingeübt. Vier engagierte Physiotherapeuten betreuten die Gruppe von morgens bis abends. Jeden Tag bot außerdem ein Orthopädietechniker-Meister technischen Support an und stand für Fragen zur Verfügung.

Die Eltern signalisierten vor allem, wie wichtig es für ihre Kinder ist, auf andere betroffene Kinder zu treffen. Die Kleinen tauten schnell auf, schlossen neue Freundschaften und hielten sich brav an die Regel, ihre Prothese den ganzen Tag lang zu tragen – für viele eine echte Herausforderung. Umso beeindruckender war es, wie konzentriert und geduldig die Kinder alle Aufgaben, die ihnen gestellt wurden, meisterten. Oft halfen sie sich auch, völlig selbstverständlich, gegenseitig.
Zu Beginn und am Ende des Camps wurde mit jedem einzelnen Teilnehmerkind ein Test durchgeführt, der die Fähigkeit misst, mit der myoelektrisch gesteuerten Prothese alltägliche Handgriffe auszuführen. Bei jedem Kind konnte nach dem fünftägigen Camp eine deutliche Verbesserung festgestellt werden.

 

 YouTube: MyoCamp 2019 – Training mit myoelektrischen Armprothesen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos: Pohlig

Paraskate 2019 WCMX World Competition: DREI Weltmeister aus Deutschland

DREI Weltmeister aus Deutschland

Voller Erfolg bei der Paraskate 2019 WCMX World Competition in Köln

Vom 31. August bis zum 1. September fand in Köln die 5. WCMX Weltmeisterschaft statt. In fünf Divisionen (D1–D5) ermittelten die 42 gemeldeten Rollstuhlskater aus neun Nationen die besten Fahrer unter den Augen vieler begeisterter Zuschauer im Kölner Skatepark North Brigade und weltweit zuhause vor dem Livestream.

Natürlich ließ Weltstar Aaron „Wheelz“ Fotheringham, Erfinder des Sports, es sich nicht nehmen, seinen bisher unumstrittenen Weltmeistertitel in der höchsten Division zu verteidigen, und reiste zur ersten Weltmeisterschaft außerhalb der USA nach Deutschland an. Erwartungsgemäß lieferte er eine spektakuläre Show ab und zeigte als Einziger bei der WM den Backflip (Rückwärtssalto), mit dem er WCMX weltweit berühmt gemacht hatte. Leider verletzten sich David Lebuser (Deutschland) und Nemanja Radicevic (Serbien) im Training und konnten Wheelz somit nicht noch mehr Konkurrenz in der Division 1 bieten. Aaron gewann erneut und bleibt somit der „All-time Champion“.

Doch auch in den anderen Divisionen gerieten die Zuschauer ins Staunen. Bei den Frauen (Division 2) setzte sich Lily Rice aus Großbritannien durch und wurde Weltmeisterin. In Division 3, Fortgeschrittene über 16 Jahre, mit den meisten deutschen Fahrern gewann der Kölner Timon Luu das größte Starterfeld mit neun Teilnehmern.

Besonders herausragend waren jedoch vor allem die Leistungen der Teilnehmer unter 16 Jahren. Während Til Augustin, deutscher Meister 2018 in D5 und 2019 in D3, gegen seine beiden Konkurrenten bei den Fortgeschrittenen in Division 4 gewann, setzte sich der achtjährige Tom Brimacombe in der Kids Division (D5) gegen sieben weitere Starter aus dem In- und Ausland durch und gewann die Weltmeisterschaft.

Mit Tom Brimacombe (D5), Til Augustin (D4) und Timon Luu (D3) dürfen sich nun also gleich drei weitere deutsche Athleten WCMX Weltmeister nennen. Zuvor brachte lediglich Philipp Cierpka aus Erfurt den Weltmeistertitel (D3) 2016 mit nach Hause. Damals wurde er von Headcoach Patrick Krause, Leiter des DRS-Fachbereichs WCMX und hauptverantwortlicher Organisator der Paraskate 2019, trainiert, der besonders stolz auf die immer weiter steigende Zahl deutscher Nachwuchsskater ist.

Der Fachbereich WCMX sowie der gesamte DRS sind als Veranstalter stolz auf diese gelungene Meisterschaft, die den Zuschauern harte Wettkämpfe mit atemberaubenden Tricks, großartigen sportlichen Leistungen aller Teilnehmer und einer ausgelassenen Stimmung bot. Diese Stimmung wurde nach den Wettkämpfen an beiden Tagen in das Veranstaltungszelt getragen, wo alle noch gemeinsam bei den Partys feierten.

Für Interessierte durfte natürlich auch bei der Paraskate 2019 ein Workshop mit den internationalen Stars nicht fehlen, so dass man am Samstagvormittag vor den Qualifikationsläufen die Möglichkeit hatte, WCMX unter professioneller Anleitung auszuprobieren.

Die diesjährige WCMX Weltmeisterschaft war rundum eine sehr gelungene Veranstaltung, die mit Sicherheit als ein unvergessliches Ereignis in die Geschichte dieses Sports eingeht.

Die Ergebnisse können auch unter wcmxgermany.de/paraskate2019/ eingesehen werden.

Weitere Infos unter www.wcmxgermany.de oder bei Fachbereichsleiter Patrick Krause [info@wcmxgermany.de / Tel.: 0157 74880445]

 

Text: Timon Luu
Fotos: DRS_Eike Michler, Anna Spindelndreier

R82 „Flamingo High-low“

R82 „Flamingo High-low“

Unser seit über 15Jahren im Markt bekannter und bewährter Dusch-und Toilettenstuhl Flamingo hat ein neues, innovatives Untergestell bekommen: das High-Low! Wie der Name („hoch-tief“) verrät, ist er über ein Fußpedal mit Gasfederunterstützung einfach und stufenlos in der Höhe verstellbar, auch mit dem Nutzer.
So passt sich das Hilfsmittel allen Gegebenheiten Ihres Badezimmers an:

Ob für den Toilettengang, die Nutzung am Waschbecken, in der Dusche, der Badewanne und sogar im Schwimmbad – immer ist der Flamingo die richtige Wahl!

Toilette:

Der Flamingo kann mit dem wendigen Untergestell niedrig über die Toilette gefahren und sowohl der Sitz als auch der Rückenwinkel für ein aktives Toilettentraining in Vorneigung gebracht werden. Armlehnen oder eine Unterarmauflage sowie Seitenführungen und eine große Auswahl an wasserfesten Begurtungen geben dem Kind bei Bedarf zusätzlichen Halt und Sicherheit und fördern so die Blasen- und Darmentleerung in einer entspannten Sitzposition.

Waschbecken:

Im Anschluss an den Toilettengang kann das Kind im Sitz an das Waschbecken gefahren werden und den Wasserhahn optimal erreichen.

Dusche:

Der vollständig wasserfeste und chlorresistente Flamingo kann für die Pflegeperson in eine angenehme Arbeitshöhe von bis zu 74cm gebracht werden. Sitz und Rückenlehne lassen sich individuell und unabhängig voneinander in der Neigung einstellen, was beispielsweise das Haarewaschen (auch über einer Wanne) enorm erleichtert.

Badewanne:

Der Sitz ist ohne Werkzeug schnell vom Untergestell abnehmbar und mit Hilfe von Saugnäpfen auch als Badewannen- oder Duschtassensitz einsetzbar. Für sehr enge Bäder oder unterwegs sind ein Reisegestell und Toilettenadapter, mit dem der Sitz direkt auf die Toilette montiert werden kann, als Zubehör erhältlich.

Der Flamingo High-low ist in 4 Größen erhältlich und ist belastbar bis zu einem Gewicht von 70kg. Für alle größeren Nutzer und Erwachsene gibt es den Heron – mit allen beschriebenen Funktionen des Flamingos.

Mehr Informationen und die Möglichkeit einen Erprobungstermin zu vereinbaren erhalten Sie unter www.r82.de.

 

Text und Fotos: R 82

Geschwisterkinder von Kindern mit Behinderung und schwerer Erkrankung

Unzertrennliche Bande und herausfordernder Alltag.

Geschwisterkinder von Kindern mit Behinderung und schwerer Erkrankung

Wenn ein Kind schwer erkrankt oder behindert ist, nimmt das sehr viel Raum im Familienalltag ein. Hat es ein oder mehrere Geschwister, machen sich die Eltern häufig Sorgen, dass das gesunde Kind ins Abseits gerät. Das suggeriert auch der häufig verwendete Begriff „Schattenkinder“ – doch dieser Umkehrschluss kann so pauschal nicht erfolgen.

In dem Dokumentarfilm „Unzertrennlich“ (Mindjazz Pictures, 2018) begleitet Regisseurin Frauke Lodders vier Familien, bei denen ein Kind eine unheilbare Erkrankung oder Behinderung hat. Es gelingt ihr, sehr persönliche Einblicke in ihren Alltag und ihre Gefühlswelt zu geben. Neben den Eltern kommen auch die Geschwister zu Wort. Dabei wird deutlich, wie unterschiedlich die Erfahrungen sind. Manche der Kids übernehmen viel Verantwortung für ihr krankes oder behindertes Geschwisterkind. Sie werden selbst zu jungen Pflegenden, auch „young careres“ genannt. Einige Kinder leiden unter der schwierigen familiären Situation, aber sie wachsen auch daran. Und es ist zu spüren, wie ungeheuer groß die Verbindung zwischen ihnen ist.

Natürlich gibt es auch bei diesen besonderen Geschwistern Konflikte und Rivalitäten, die die Eltern zulassen sollten. Es stellt einen Unterschied dar, ob ein jüngeres Geschwisterkind in die Situation hineingeboren wird oder die Erkrankung plötzlich über die Familie hereinbricht. In jedem Fall ist es von Bedeutung, das gemeinsame Gespräch zu suchen und möglichst offen alle Fragen zu beantworten und über Ängste zu sprechen. So können kindgerechte Borschüren über die Erkrankung oder Kinderbücher über Behinderung und „Anderssein“ beim Erläutern helfen. Tipps und Unterstützung erthalten Eltern bei speziellen Beratungsstellen, z. B. der Lebenshilfe e. V.

Selbsthilfe, Austausch und Vernetzung

Die Erfahrung „Ich bin nicht alleine, anderen geht es wie mir“ ist sehr wichtig, wenn die Schwester oder der Bruder schwer behindert oder lebensverkürzt erkrankt sind. In fast jeder größeren Stadt gibt es für Geschwisterkinder Vereine und Selbsthilfegruppen, die offene Treffs oder gemeinsame Unternehmungen anbieten. Eine Übersicht über Geschwisterkinderangebote findet sich unter www.stiftung-familienbande.de. Bei solchen Treffen können sich die betroffenen Kinder und Jugendlichen austauschen. Dort muss sich niemand erklären und der Rückhalt in dieser Gemeinschaft trägt dann auch in schweren Zeiten. Außerdem können die Geschwister hier auch Freunde finden, die in ähnlichen familiären Konstellationen leben, und einfach gemeinsam Spaß haben. Auch im Internet finden sich viele Angebote zur Vernetzung, u. a. auch für erwachsene Geschwisterkinder (www.geschwisternetz.de).

Regelmäßig an Geschwisterveranstaltungen des Deutschen Kinderhospizvereins e. V. nimmt auch Marian Grau teil, inzwischen ist er sogar Botschafter des Vereins. Sein an Morbus Leigh erkrankter älterer Bruder Marlon verstarb, als er selbst neun Jahre alt war. Ihm widmet der Blogger und junge Autor sein erstes Buch „Bruderherz. Ich hätte dir so gern die ganze Welt gezeigt“ (Eden Verlag, 2018). Darin erzählt der heute 17-jährige, wie viel er von Marlon gelernt und er ihn geprägt hat. Daneben berichtet Marian, wie seine Eltern sich Mühe gaben, dass er nicht zu kurz kam – trotz der lebensverkürzenden Stoffwechselerkrankung seines Bruders. So unternahm seine Mutter regelmäßig mit ihm gemeinsame Abende zu zweit – wertvolle Mama-Sohn-Zeit, die zeigt: „Du bist wichtig!“, auch wenn manchmal was dazwischenkam. Die ganze Familie fuhr auch regelmäßig ins Kinderhospiz nach Olpe, um sich gemeinsam zu erholen.

Auszeiten und Unterstützung

Neben Kinderhospizen bieten auch Einrichtungen wie die Familienherberge Lebensweg in Illingen-Schützingen Familien die Chance, zusammen Urlaub zu machen im Wissen, dass das pflegebedürftige Kind mit dabei und gut versorgt ist. Außerdem gibt es auch für Kinder Kurzzeitpflegeeinrichtungen, damit die Eltern auch als Paar etwas unternehmen können oder nur einmal Zeit für das Geschwisterkind haben. Im Alltag können familienentlastende Dienste, Verhinderungspflege oder Betreuungs- und Entlastungsleistungen helfen, sich Freiräume zu schaffen. (Einen Überblick gibt es u. a. hier: www.pflege-dschungel.de)

Ein Beitrag von Verena Niethammer

Foto: pixabay.com

„Challenge Weeks“ an Schulen: Förderung per Fahrrad

„Challenge Weeks“ an Schulen: Förderung per Fahrrad

Kann ein Fahrradhersteller zusammen mit Förderschulen ganz direkt die Entwicklung von Kindern mit Behinderung unterstützen? Bei den Challenge Weeks von Hase Bikes geschieht genau das.

Sie kann nicht richtig sprechen, und auch ihr Gang ist sehr speziell. Aber Trets fahren – ein flinkes Dreirad mit Sessel-Liegesitz –, das kann die zwölfjährige Mia. Wie eine junge Rennfahrerin. Und das genießt sie laut jubelnd! „Die Schüler erleben, wie viel Freude es machen kann, selbstbestimmt zu handeln, dorthin zu steuern, wo sie wollen. Für uns Lehrer ist es grandios mitzuerleben, was diese Autonomie bei den Schülern auslösen kann!“, kommentiert Thomas Rienth von der Kaywaldschule in Lauffen. „Die Kinder und Jugendlichen entwickeln durch die gezielte Bewegung auf dem Fahrrad primär mehr Körperbewusstsein, aber sogar soziale Kompetenzen und das Selbstwertgefühl können durch das Projekt gesteigert werden.“

Seit 2013 finden jährlich bis zu acht dieser mehrwöchigen Veranstaltungen statt. Das Konzept ist einfach: Hase Bikes stellt teilnehmenden Schulen kostenlos Räder zu Verfügung. Diese können vielseitig eingesetzt werden: im allgemeinen Sportunterricht, im Mobilitätstraining, zur Krankengymnastik/Ergotherapie und natürlich in den Pausen und Freizeitstunden. Von einfachen Fahrübungen auf dem Schulhof über kurze Ausflüge bis hin zu längeren Radreisen im Team ist alles drin. Die projektbegleitenden Lehrer werden sorgfältig eingewiesen, technischer Support leistet der Fachhändler vor Ort. Meistens findet eine Abschlussfeier statt, bei der die Kinder ihren Eltern zeigen, wie sie mit den flotten Dreirädern umgehen können – und wie viel Spaß es ihnen macht, selbstständig mobil zu sein.

Gut für die Eltern, die dabei entdecken, dass sie ihre Kinder mit sicheren Trikes noch besser fördern und viel Motivation mitgeben können: Beide Räder haben eine Hilfsmittelnummer der Krankenkassen; beste Chancen also, beim Kauf der Räder unterstützt zu werden.

 

Jetzt anmelden: Challenge Weeks 2020
Es sind noch wenige Termine frei. Infos und Anmeldung bei kilian.wagner@hasebikes.com

 

Text und Foto: Hase Bikes

Ein Blick über den Tannenbaum hinaus

Jetzt, wo die Weihnachtsvorbereitungen in vollem Gange sind, dachten wir uns: Wir schauen, wie in zwei sehr unterschiedlichen Ländern das Fest gefeiert wird.

Schweden  Südafrika

Christen gibt es auf dem afrikanischen Kontinent bereits seit der Mitte des ersten Jahrhunderts, heute sind es etwa 350 Millionen. Sie hatten also viel Zeit, ihre ganz eigenen Weihnachtstraditionen zu entwickeln.

In Deutschland gibt es zwei Weihnachtsfeiertage, den 25. und den 26. Dezember. Der 24. Dezember, Heiligabend, teilt sich für viele in einen hektischen Vormittag und einen festlichen Teil am Abend. Fällt Heiligabend auf einen Werktag, sind die Geschäfte bis zum Mittag geöffnet und es herrscht Hochbetrieb, wenn letzte Geschenke oder Einkäufe für das Festessen besorgt werden. Danach gilt es, den Weihnachtsbaum mit Lichterketten und bunten Kugeln zu schmücken, Geschenke zu verpacken und das Essen vorzubereiten. Am frühen Abend kommen die Familien zusammen. Manche pflegen Traditionen wie gemeinsames Singen oder Musizieren. Nach dem Essen folgt dann meist die Bescherung.

Doch wie gestaltet sich dies in anderen Kulturen?

 

Weihnachten in Schweden

In Schweden ist Weihnachten das wichtigste Fest des Jahres. Es heißt dort Julfest. Die Weihnachtszeit fängt mit dem ersten Adventssonntag an, wobei schon im November alles geschmückt wird.

Weihnachten ist in dem skandinavischen Land aber nicht nur das wichtigste, sondern auch das längste Fest. Der Hauptfeiertag von Weihnachten ist der Heilige Abend. Anders als in Deutschland nehmen der erste und der zweite Weihnachtstag nur die Ränge zwei und drei ein. In Schweden feiert man das Fest sehr traditionell. Überall sieht man Adventskerzen und Adventssterne in den Fenstern.

Immer am 13. Dezember wird in Schweden Lucia gefeiert. Das Luciafest ist ein vorweihnachtlicher Feiertag und somit die Hauptfestivität vor Weihnachten. Dabei geht meistens die älteste Tochter der Familie als Lucia verkleidet die Familie wecken. Sie trägt ein langes weißes Kleid, ein rotes Samtband um den Bauch und einen Preiselbeeren-Kranz mit Kerzen auf dem Kopf. Früher waren es echte brennende, heute sind es meist elektrische Kerzen.

Lillejulafton ist der kleine Weihnachtsabend am 23. Dezember. Er dient der Vorbereitung auf den großen Tag. Der traditionelle Weihnachtsschinken, Bestandteil des schwedischen Weihnachtsmenüs, wird gekocht. Man schreibt und übt Julklapp-Reime. In diesen kleinen Gedichten werden gewöhnlich der Schenkende und das Geschenk aufs Korn genommen.

Mit dem ersten Advent beginnt die Weihnachtszeit in Schweden. Der schwedische Weihnachtsmann bringt die Geschenke am 24. Dezember und daher wird dieser Tag in Schweden besonders gefeiert.

Der Weihnachtsbaum ist der Mittelpunkt des Fests in den schwedischen Häusern. Diese ursprünglich in Deutschland vorkommende Tradition wurde im 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil der schwedischen Weihnachtsfeiern.

Das Fest geht zu Ende

Am 25. Dezember gehen viele Schweden morgens in die Kirche. Danach verbringen sie Zeit zuhause, mit der Familie oder ihren Freunden. Am 13. Januar – am sogenannten Sankt-Knuts-Tag – ist das Weihnachtsfest dann erst endgültig vorbei. Nach einem letzten Tanz um den Weihnachtsbaum werden die Süßigkeiten abgenommen und der Baum wird entsorgt.

Weihnachten in Südafrika

Auf der Südhalbkugel herrscht zur Weihnachtszeit Hochsommer und die Feiertage werden in der Regenbogennation so kunterbunt zelebriert, wie das Land selbst ist. Während in Europa Schnee, Glühwein und das Plätzchenbacken zu Weihnachten gehören, ist in Südafrika Sonne, Strand und Braai (südafrikanisches Barbecue) angesagt.

Die große Mehrheit der Südafrikaner bekennt sich zum Christentum und praktiziert dieses in Kombination mit weiteren religiösen Traditionen und Riten. Daher gehört Weihnachten in Südafrika wie auch in Deutschland zu den wichtigsten Festlichkeiten im Land und ist gleichzeitig Höhepunkt der dortigen Schulferien.
Trotz des Sommers verzichtet man in Südafrika nicht auf westliche Weihnachtstraditionen: Die belebten Straßen in den Stadtzentren zeigen sich im festlichen Weihnachtskleid. In Kapstadt findet eine große Parade statt, wenn Anfang Dezember die Weihnachtsbeleuchtung in der Adderley Street (im Zentrum Kapstadts) zum ersten Mal aufleuchtet.

Das Weihnachtsfest der englisch- und afrikaanssprachigen Bevölkerung erinnert stark an ihre Wurzeln. Kinder hängen Weihnachtsstrümpfe auf, während Chöre durch die Straßen ziehen und Weihnachtslieder singen. Als Weihnachtsbäume finden Affenbrot- und Guavenbäume sowie Drahttannen Verwendung.
Am 24. Dezember schlachtet in den ländlichen Regionen der Dorfoberste einen Ochsen oder ein Schaf, welches dann von den Frauen des Dorfes schmackhaft zubereitet wird.

Der eigentliche Feiertag ist der 25. Dezember. So verbringen viele englisch- und afrikaanssprachige Gemeinschaften mit Familie und Freunden den Tag bei schönem Wetter im Freien und lassen den Abend bei einem großen Braai ausklingen. Am ersten Weihnachtstag spielt der Strand eine große Rolle, da sich die meisten zur Abkühlung ins kühle Nass stürzen.

Ganz anders sieht der Ablauf der Weihnachtsfeiertage bei den südafrikanischen Urvölkern wie den Xhosa oder Zulu aus. Hier gibt es zwar keine Christbäume & Co., sehr wohl aber eine ausgelassene Stimmung mit Musik und Tänzen sowie einen leckeren Festschmaus. Auch ein Besuch des Medizinmannes ist üblich.

Das Fest geht zu Ende

Am 26. Dezember, dem sogenannten Boxing Day, werden die Reste des Vortages gegessen und nochmals ein Tag im Kreis der Liebsten gefeiert, bevor es zurück in den Alltag und die großen Metropolen geht – bis zum nächsten Jahr!

 

Quelle: www.one.org, www.deutschland.de, kindersache.de, blog.rhinoafrica.com, reisenexclusiv.com
Fotos: pixabay.com,pxhere.com