Eine Diagnose hätte auch gereicht

Durch den Nebel in die Realität –
eine Diagnose hätte auch gereicht!

Ich bin Ira, 40 Jahre, Sozialpädagogin, Mama und inzwischen Mutmacherin in den sozialen Medien. Und seit Kurzem auch Autorin. Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis ich nach einem Ärzte-Marathon die Diagnose „Sjögren-Syndrom“ erhielt. Später kam die Diagnose „Systemischer Lupus Erythematodes“ dazu. Beides sind entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankungen. Ihre Verläufe sind chronisch, das heißt, sie sind andauernd und bisher nicht heilbar.

Die Symptome des Sjögren-Syndroms sind nicht auf eine Körperregion beschränkt, werden von der Fachwelt aber oft auf das Symptom der trockenen Augen reduziert. Auch Lupus ist ein Chamäleon, das sich gut tarnt. Lupus zeichnet sich durch unberechenbare Entzündungsschübe aus, die unterschiedliche Organe betreffen können. Da die vielfältigen Symptome nicht immer eingeordnet werden können, hat es eine Weile gedauert, bis die Krankheitsbilder gesehen wurden.

Jeder Verlauf ist ein Unikat, daher kann ich nur für mich sprechen. Es hat angefangen mit einer unerklärlichen Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Ganzkörperschmerzen, wiederkehrender erhöhter Temperatur (wie dieses unangenehme Gefühl, eine Grippe zu bekommen – aber sie kommt nicht), Gelenkschmerzen und dem Empfinden, nie zu 100 % fit zu sein. Mein Kopf war im matschgrauen Nebel versunken und ich habe mich so von Tag zu Tag gekämpft. Später kamen noch eine ausgeprägte Lichtempfindlichkeit und der für Lupus typische Schmetterlingsausschlag im Gesicht hinzu.

Nach beiden Diagnosen bin ich in ein Loch gefallen – auch wenn ich erleichtert darüber war, zu wissen, was los ist. Ich brauchte eine Weile, um die Tragweite der Diagnosen zu verstehen und für mich zu sortieren, was diese Krankheit in Bezug auf meinen Alltag und mein Selbstbild heißt. Ich musste vieles ändern und lerne jeden Tag aufs Neue, was das Leben mit zwei Autoimmunerkrankungen bedeutet. Ich nehme Medikamente und habe etwas mehr Kraft für meine Tochter. Ich kann das Leben deshalb wieder genießen. Die guten Tage sind kostbar!

Der Austausch mit anderen Betroffenen ist mir wichtig. Für mich sind die sozialen Medien der richtige Ort dafür. Ich habe mit meiner ersten Diagnose einen Instagram-Kanal gegründet (www.instagram.com/autoimmunebalanceclub), weil ich mich sehr einsam gefühlt habe. Es ist eine wunderbare Community entstanden. Den Krankheiten mein Gesicht zu geben, macht anderen Mut und zeigt ihnen: Du bist nicht allein.

Ich teile dort meinen Alltag und meine Ressourcen. Daraus ist mein Buch „44 Impulse für deinen autoimmunen Alltag“ entstanden, in dem ich einfache Impulse und Tipps teile, um trotz der gesundheitlichen Herausforderungen einen selbstwirksamen und positiven Alltag zu führen. Es ist die Antwort auf die Frage, wie man aktiv werden kann, wenn man eigentlich keine Kraft mehr hat. Denn Kraft ist in meinem autoimmunen Alltag sehr begrenzt. Ich habe auch von Betroffenen anderer chronischer Erkrankungen gehört, dass das Buch eine große Hilfe ist. Das freut mich sehr, denn anderen Menschen helfen zu können, ist nicht nur eine berufliche Leidenschaft von mir.

Von Ira Schiwek

Text: Ira Schiwek

Buchcover: Avocado Verlag, Querformat Foto: by gudermoment, Naémie Guder, Hochformat: Kathleen Springer