Eine Rollstuhlmami erzählt aus ihrem Alltag

Schwangere im Rollstuhl

Ein bei der Geburt offener Rücken ist der Grund, warum Jascha Ahsbahs heute im Rollstuhl sitzt. Als Kind war es der 26-jährigen Linzerin noch möglich, auf wackeligen Beinen zu laufen. Infolge des zunehmenden Gewichts und des Wachstum ist sie seit ihrer Jugend auf den Rollstuhl angewiesen. Mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern hat sie sich mittlerweile den Traum von einer Familie erfüllt. „Meine Eltern haben mir immer das Gefühl vermittelt, dass ich alles im Leben schaffen kann“, berichtet die zweifache Mutter. „Deswegen kam mir wahrscheinlich auch nie der Gedanke, dass ich aufgrund des Rollstuhls keine Familie haben könnte.“

Die Schwangerschaften verliefen komplikationsloser als angenommen. Der Folsäure­bedarf war erhöht und die Überwachung erfolgte auch „a bissel engmaschiger“, wie die junge Mutter mit ihrem österreichischen Akzent erzählt. Ihre Tochter kam sogar auf natürlichem Wege zur Welt. „Das wird für mich immer das Highlight meines Lebens sein“, verrät Jascha Ahsbahs mit emotionaler Stimme. „Das ganze Krankenhaus war fasziniert. Es war vorher nicht klar, ob ich die Wehen genug spüren kann, um ausreichend Druck auszuüben. Aber es hat geklappt!“

Schwangere Frau im Rollstuhl

Wenn Jascha Ahsbahs mit ihren Kindern unterwegs ist, wird sie häufig angesprochen. „Sind das wirklich deine Kinder? Geht das denn?“, wollen manche Menschen wissen. Andere gratulieren ihr und finden es „voll toll“, dass sie trotz ihrer Einschränkung Mutter sein kann. „Ich weiß, dass es meist nett gemeint ist. Je nachdem, wie meine Stimmung ist, reagiere ich unterschiedlich. Manchmal möchte ich einfach nicht über meine Einschränkungen reden, sondern bin halt mit meinem Leben beschäftigt. Dann werde ich schon mal schnippisch. Ich kommentiere doch schließlich auch nicht ungefragt die Elternrolle fremder Menschen.“

„Es ist in der Gesellschaft noch nicht überall angekommen, dass Eltern mit Einschränkungen gute Eltern sein können.“

Dass ab und zu Kinder auf sie zeigen, ist für Jascha Ahsbahs kein Problem. „Bei Kindern erkennt man das ehrliche Interesse. Viel merkwürdiger finde ich es, wenn Eltern ihre Kinder anweisen, nicht zu mir hinzuschauen. So entsteht eine Tabuisierung des Themas.“ Ihr Wunsch ist eine bessere gesellschaftliche Sensibilität. Das Anderssein anderer Leute sollte auf respektvolle Weise angenommen werden.

Mutter im Rollstuhl mit Kind und Mann

„Hoffentlich geht das, was Sie haben, schnell wieder vorüber“, wurde sie neulich von einer ihr fremden Frau von hinten angesprochen. „Am liebsten hätte ich geantwortet: ‚Dasselbe hoffe ich für ihre Dummheit auch‘“, erbost sich die junge Mutter. Es kommt auch vor, dass Leute ungefragt ihr Kind aus dem Einkaufswagen heben. „Einmal habe ich laut Nein gesagt und jemand hat trotzdem mein Kind genommen und aus dem Wagen gesetzt. Da bin ich richtig wütend geworden“, berichtet sie mit Ärger in der Stimme. Ähnliche Situationen wie diese erlebt sie häufig.

Einen Pflegegrad hat die zweifache Mami zwar, gestaltet ihren Alltag mit ihrem Mann jedoch allein. „Wir sind so gut strukturiert, dass wir externe Hilfe von außen gar nicht benötigen.

Außerdem haben wir zwei engagierte Omis vor Ort“, lacht sie. Für ihre dreijährige Tochter gehört der Rollstuhl untrennbar zur Mama dazu. Sie kennt es nicht anders. Jascha Ahsbahs findet es positiv, dass ihre Kinder mit diesem Wissen über Behinderungen aufwachsen. „Ich möchte meinen Kindern gerne vorleben, dass sie sensibilisiert durch diese Welt gehen. Wir sind alle anders und doch alle gleich. Jeder Mensch verdient denselben Respekt.“

Mama im Rollstuhl mit Ehemann

Anderen Betroffenen würde Jascha Ahsbahs gerne Mut machen. „Oft sind es Ängste vor Herausforderungen, die uns von etwas abhalten, und nicht die Tatsache, dass etwas nicht machbar wäre. Ich hatte auch keine Vorstellung davon, wie es ist, Mutter zu sein. Aber das hat niemand, bevor man nicht die Elternrolle selbst erlebt hat. Wir können uns nicht auf alles im Leben vorbereiten. Wobei ich das Glück hatte, dass die Schwangerschaften medizinisch möglich waren. Das ist natürlich nicht bei jeder Erkrankung so.“

Im Sommer fängt Jascha Ahsbahs wieder an zu arbeiten. Telefonisch kümmert sie sich um Kundenanliegen einer großen Firma. Ihr Mann nimmt währenddessen Elternzeit und betreut die beiden ein- und dreijährigen Kinder, bis diese in den Kindergarten kommen.

„Wir sind einfach
ein tolles Team“,
lacht Jascha Ahsbahs.
Man kann den Lebensmut in ­ihrer Stimme heraushören.

Interview: Mandy Falke

Fotos: Familie Ahsbahs und Fotografin Margit Berger