Mit MS gut geschützt durch den Winter

Frau gut geschützt gegen die Kälte

Für viele von MS Betroffene ist nicht nur die unerträgliche Hitze im Sommer quälend, sondern auch die frostige Winterkälte, da sich MS-bedingte Symptome durch Kälteempfindlichkeit verstärken und somit das Wohlbefinden beeinflussen können. Das haben verschiedene Studien bestätigt. So können etwa Schmerzen entstehen durch verkrampfte Haltungen aufgrund der kalten Temperaturen, wodurch manche und mancher Betroffene in der Bewegung (etwa Gehstörungen) beeinträchtigt ist. Außerdem können sich Missempfindungen verstärken.

Durch die Reizung des Trigeminusnervs, der für die Gefühlswahrnehmung des Gesichts, der Schleimhäute in Mund und Nase sowie der Hornhaut verantwortlich ist und einen Großteil der Kaumuskulatur steuert, kann auch das Gesicht schmerzen. Das heißt, dies kann zu plötzlich einschießenden und heftigsten neuropathischen Schmerzattacken von einigen Sekunden bis zu wenigen Minuten in einem oder mehreren Ästen der Nerven führen. Grund dafür ist, dass die Myelinschicht – die „Isolierschicht“ der Nervenfasern, die für eine optimale Weiterleitung der Impulse sorgt – angegriffen ist.

Kommt man vom kalten Freien ins wohlig Warme und ist gleichzeitig durch den kältebedingten Bewegungsmangel der Blutdruck niedrig, kann sich des Weiteren die Fatigue verstärken: bleierne Müdigkeit, die sich nicht durch Erholung und Schlaf bessert, ständig erschöpfte Kraft- und Ausdauerreserven, Antriebslosigkeit und das große Bedürfnis, einfach nur zu liegen und nichts zu tun. Darauf weist auch Dr. Christiane Gradl hin, Fachärztin für Neurologie und leitende Oberärztin der MS-Ambulanz im Universitätsklinikum St. Pölten in Niederösterreich.

Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft auch im Winter ist jedoch wichtig, denn sie fördert die Durchblutung und wärmt so den Körper auf. Des Weiteren vermag Aktivität im Freien, einem Vitamin-D-Mangel vorzubeugen, welcher sich negativ auf die Krankheit auswirken kann, indem er neue Schübe verursacht.

älteres Paar bei winterlichem Spaziergang,

Ausgewählte wertvolle Tipps von Betroffenen für Betroffene

  • Die Wintersonne lockt nach draußen und von ihren Strahlen wird einem für einen kurzen Moment warm ums Herz und Gemüt. Sonnenstrahlen regen darüber hinaus, in Maßen genossen, u. a. die Produktion von Vitamin D sowie des „Gute-Laune-Hormons“ Serotonin an. Und sie bringen das Immunsystem in Schwung. Jedoch sollte man die eisige Kälte nicht völlig ausblenden, denn Sonne kann auch Minusgrade nicht einfach „wegschmelzen“ und so zieht die winterliche Kälte „durch Mark und Bein“. Daher nicht zu lange draußen bleiben. Jede und jeder MS-Betroffene sollte die Länge des Aufenthalts in der Kälte für sich am besten selbst einschätzen.
  • Wunderbar wärmende, wetterfeste, atmungsaktive Kleidung im Zwiebelschalenprinzip getragen und am besten gefütterte Schuhe sind das A und O, sollte der Aufenthalt draußen doch länger dauern. Mütze (gern mit Ohrenklappen, die zusätzlich die Wangen schützen), Schal und sehr warme Handschuhe vervollständigen das Winter-Outfit.
  • Als Wärmespeicher eignen sich darüber hinaus auch lange Unterhosen aus Merinowolle, einer ultrafeinen, flauschigen Wolle, die (fast) nicht kratzt und zu 85 Prozent aus Luft besteht.
  • Für Rollstuhlfahrer empfehlen sich Fußsäcke, die strapazierfähig, warm, wasserdicht und mit Fleece o. Ä. gefüttert sind sowie hoch oder halbhoch sein können – und die sich zudem schnell und bequem an- und ausziehen lassen. Entweder kann man sie selber kaufen oder sich verschreiben lassen. „Viele Kassen übernehmen die Kosten“ – so der Hinweis von Caroline Régnard-Mayer auf ihrem Blogde.
  • Bei Problemen mit dem Trigeminusnerv ist eine zusätzliche Kältegesichtsmaske aus Stoff ratsam, der dabei nicht kratzen sollte. Die Maske sollte nur die Augen freilassen. Ein Schal oder etwas Ähnliches geht im Übrigen auch.
Mit MS geschützt durch den Winter, z.B. warme Füsse
  • Für das Gesicht am besten fetthaltige Kälteschutzcremes mit einem niedrigen Wassergehalt, die auch unter dem Gefrierpunkt geschmeidig bleiben, verwenden. Diese bewahren die Haut vor Erfrierungen. Dabei gilt das Prinzip: Der Effekt ist umso besser und nachhaltiger, je dicker die Schutzcreme aufgetragen wird. Auf jeden Fall sollte die Creme anhand einer Probe im Gesicht vorab auf Verträglichkeit getestet werden. Sonst kann es zu unangenehmen Hautirritationen kommen. Zudem raten Experten, dass die Kälteschutzcreme einen Lichtschutzfaktor von mindestens 20 haben sollte, denn auch die UV-Strahlen der Wintersonne sind nicht ohne.
  • Man kann auch auf die Nutzung von Hilfsmitteln wie Walkingstöcken oder Rollatoren zurückgreifen – und dabei immer den Wetterbericht im Blick haben und die Frage, ob die Wege vor dem Haus gut geräumt sind. Dr. Gradl rät hierzu: „Bei besonders eisigem Wetter sollten MS-Patienten mit Gleichgewichts- und Gehschwierigkeiten zweimal überlegen, ob der Weg außer Haus wirklich notwendig ist. Das Risiko eines Sturzes und damit einer Verletzung darf nicht unterschätzt werden.“
  • Ein warmes Bad oder eine Dusche nach dem Aufenthalt im Freien kann wohltuend sein. Es sollte jedoch wegen des sogenannten Uhthoff-Phänomens nicht zu heiß sein.
  • Auch das Zuhause sollte deshalb nicht zu überheizt sein. „20 Grad Celsius reichen fürs Wohnzimmer vollkommen aus“ – so eine Empfehlung von leben-mit-ms.de.
  • Wichtig ist, ausreichend Vitamin C einzunehmen, welches etwa in Mandarinen und Orangen steckt, die wiederum nicht nur herrlich süße, erfrischende und zudem wohlriechende Gaumenfreuden in der (Vor-)Weihnachtszeit sind. In der dunklen, kalten Jahreszeit sorgen sie u. a. mit ihrem hohen Vitamin-C-Anteil für die Stärkung des Immunsystems, sodass Viren und Bakterien vom Organismus besser abgewehrt werden können. Vitamin C erleichtert zudem die Aufnahme von Eisen, das für den Sauerstofftransport im Blut benötigt wird.
  • Last, but not least: ausruhen, ausruhen, ausruhen – auch wenn es manchmal schwerfallen mag. So lange wenigstens, bis sich die durch klirrende Kälte entstandenen Symptome zurückbilden.

Resümee

Nach aktuellem Forschungsstand gibt es keine abschließenden Antworten, was genau zu tun ist, damit Wohlbefinden und Lebensqualität in der kalten, dunklen Jahreszeit nicht verschlechtert werden. So bleibt den kälteempfindlichen MS-Betroffenen nichts anderes übrig, als selbst zu testen, was ihnen guttut und was nicht.

Text: Claudia Egert
Quellen: dgnc.de, frauenpowertrotzms.de, leben-mit-ms.de, meinalltagmitms.de, ms-gesellschaft.at, ms-stiftung-trier.de, multiplesklerose.ch, wikipedia.org
Fotos: pexels.com, pixabay.com