Neurodermitis bei Kindern

Neurodermitis bei Kindern

Ein einzelner Mückenstich kann ganz schön nerven. Hundert Mückenstiche machen einen einfach nur verrückt. So ähnlich fühlt sich Neurodermitis oft an, eine rätselhafte Hautkrankheit, die immer mehr Kinder in Deutschland trifft. „Zehn bis fünfzehn Prozent der Kinder leiden laut KiGGS-Studie an einer Neurodermitis“, sagt Dr. med. Rainer Stachow, leitender Arzt der Fachklinik Sylt für Kinder und Jugendliche. Betroffene haben eine staubtrockene Haut, die schubweise von einem juckenden, geröteten Ausschlag erfasst wird. Neurodermitis ist eine entzündliche, stark juckende Hauterkrankung. Sie tritt in Schüben auf, wird auch als „atopisches Ekzem“ oder „atopische Dermatitis“ bezeichnet (Atopie: Neigung zu überempfindlicher Reaktion des Immunsystems) und verläuft chronisch.

Studien belegen, dass vor allem Kinder in den Industriestaaten von dem Hautleiden betroffen sind. Welcher Aspekt des modernen Lebensstils genau Neurodermitis fördert, ist noch nicht klar. Die einen Forscher verdächtigen die Luftverschmutzung, andere exotisches Essen oder übertriebene Hygiene. „Früher war die Katzenwäsche verbreitet, mit klarem Wasser“, gibt Prof. Dr. med. Regina Fölster-Holst, Dermatologin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel, zu bedenken. „Heute nehmen wir zig verschiedene Badezusätze und Duschgels, das strapaziert die Haut.“ Auch die Dämmung der Häuser könnte ein Grund sein, meint sie: „Mangelnde Durchlüftung führt zu mehr Schimmelpilzen und Hausstaubmilben in der Wohnung. Auf beide können Neurodermitiker reagieren.“

Zwei Bereiche sind bei Neurodermitikern gestört: Die Hautbarriere ist zu durchlässig, das Immunsystem überempfindlich. Die Haut ist der Schutzwall des Körpers. Sie hält Krankheitserreger draußen und lebenswichtiges Wasser drinnen. Die äußerste Hautschicht besteht aus toten Hornzellen, die man sich wie Backsteine vorstellen kann. Fette umgeben sie wie Mörtel. Bei Neurodermitikern teilen sich die Hautzellen zu schnell, ohne sich vollständig zu entwickeln. Bestimmte Eiweiße in den Zellen sind funktionsuntüchtig. Die Fettschicht ist zu dünn, was die Haut rau und trocken macht. All dies führt dazu, dass der Schutzwall mikroskopisch kleine Risse bekommt.

Die Neurodermitis im Kindesalter beginnt vor allem im Gesicht und an der behaarten Kopfhaut, wo sich Milchschorf bildet, dort kann die Haut auch nässen. Weiterhin zeigt sich die Erkrankung zu dieser Zeit auch auf den Streckseiten der Arme und Beine, hin und wieder bilden sich Ekzeme rund um den Mund. Auch wenn die Ursache der Erkrankung bislang nicht abschließend geklärt ist, ist die Anlage zur Vererbung an die nachfolgende Generation bekannt.

Fest steht: Patienten können Glück oder Pech haben. Glück, weil die Neurodermitis im Laufe des Lebens nachlassen, sogar fast verschwinden kann. Haben sie Pech, bleibt die Krankheit bestehen und sie entwickeln zusätzlich Allergien. Die Neurodermitis wird als Teil eines größeren Gesundheitsproblems gesehen, des atopischen Syndroms. Es umfasst zudem Allergien wie Heuschnupfen und allergisches Asthma. Das Phänomen heißt auch „Marsch der Allergien“. Diesen erklärt man sich so: In den inneren Hautschichten werden Immunzellen gegen bestimmte Stoffe sensibilisiert, etwa gegen Hausstaubmilbenkot oder Tierhaare. Die Abwehrzellen wandern übers Blut etwa zu den Lungen und sorgen dort ebenfalls für eine Überempfindlichkeit, die sich als Asthma äußern kann. Selbst Lebensmittelallergien könnten ursprünglich über die Haut entstehen, vermuten Forscher.

Eltern, die bei ihren Kindern anormale Kratzgewohnheiten bemerken, sollten darüber mit dem Kinderarzt, Hautarzt oder Allergologen sprechen, der die Diagnose anhand der verschiedenen Symptome, veränderten Blutwerte (IgE-Antikörper), Allergietests und einer äußerlichen Körperuntersuchung mit gezieltem Blick auf die Hautveränderungen stellt und weitere Erkrankungen ausschließen kann.

Quelle: www.netdoktor.de, www.baby-und-familie.de