Ragnas Erfolgsgeschichte – im Wasser und im Alltag

Ragna Gruner ist erst 12 Jahre jung, und schaut schon auf 7 Jahre Schwimmerfahrung zurück.
Den ersten Kontakt mit dem Wasser hatte die Kleinwüchsige mit 5 Jahren, bei einem „Eltern-Kind-Schwimmkurs“. Ragnas Eltern konnten anfangs mit ihrer Tochter ins Wasser- doch als der Kursplan es vorsah, dass die Eltern nicht mehr mitkommen, wurde es schwierig. Durch Ragnas Körpergröße konnte sie nicht wie die anderen Kinder im Becken stehen – und damit nahm der erste Kurs ein schnelles Ende.

Ragna neben dem Startblock

Durch einen Zeitungsartikel wurde die Familie kurz darauf auf ein Schnupper-Schwimmen des BRSNW aufmerksam. „Das erste Training lief super – und dann wurde es schnell Liebe!“ bestätigt auch Ragnas Mutter. Im Wasser fühlt sich das junge Mädchen frei, zieht mit großem Spaß ihre Bahnen bei der SG BAYER Wuppertal und wird immer besser. „Man wird einfach nicht blöd angeguckt- jede*r sollte es mal  ausprobieren, danach kann man sich immer noch dafür oder dagegen entscheiden!“ rät Ragna anderen Kindern mit Behinderung.

Mittlerweile trainiert sie bis zu vier Mal pro Woche. Neben dem Schwimmen geht Ragna noch regelmäßig reiten. Andere Sportarten habe sie zwar mal ausprobiert,  aber besonders die Suche nach Vereinen, die auch Menschen mit Behinderung aufnehmen, gestaltete sich schwierig.

Ragnas Eltern, die noch einen Sohn ohne Behinderung haben, habe die Erfahrung gemacht, dass sich der Umgang bei Sportler*innen mit und ohne Behinderung unterscheidet. „Es gibt weniger Konkurrenzkampf, die Gemeinschaft ist stärker und es gibt deutlich mehr Unterstützung untereinander. Es ist wirklich toll, wieviel Wertschätzung Ragna bekommt, wo sie im Alltag oft mit Ablehnung und Skepsis zurecht kommen muss.“

Die Gemeinschaft aus Athlet*innen und Trainer*innen hat Ragna auch bei ihrem ersten,  internationalen Wettkampf unterstützt. Wohlgemerkt mit erst  12 Jahren ging es für die Solingerin im Juni 2022 mit dem Schwimm-Team des BRSNW aber ohne Eltern zur Internationalen deutschen Meisterschaft nach Berlin.
Leicht fiel es der Familie nicht, Ragna alleine fahren zu lassen. Aber als die ersten Nachrichten kamen, wie sehr auch die älteren Schwimmer*innen ein Auge auf Ragna haben,  freuten sie sich einfach umso mehr für ihr Tochter. „Das Schwimmen ist das Beste, was Ragna passieren konnte!“

Ragna am Beckenrand

Und wie hat die 12 jährige ihren ersten internationalen Auftritt erlebt?
„Die ersten Tage war ich etwas nervös, außerdem war ja auch vieles auf Englisch, aber es war gut und spannend, so viele andere Schwimmer*innen aus anderen Ländern zu sehen.“

Völlig begeistert war Landestrainer Mitja Zastrow: „Ragna hat eine tolle Leistung gezeigt und sich absolut professionell verhalten – da können sich viele ältere Sportler*innen eine Scheibe von abschneiden!“

Die Paralympics 2028 in Los Angeles sind das große Ziel der Schwimmerin. Für die Spiele in Paris 2024 sei sie einfach noch zu jung und so nutzt sie die Zeit, um auf ihren Paradestrecken 100m Brust und 50m Schmetterling weiter zu trainieren. Nicht nur um Titel zu gewinnen, sondern auch, weil der Sport ihr körperlich gut tut. Denn durch das Schwimmen hat sich ihre Rückenmuskulatur stark verbessert, ihre Wirbelsäule ist gerader und dadurch ist sie größer, als viele Kleinwüchsige, die keinen Sport treiben. Ganz offensichtlich und messbar wird dieser Gesundheitsfaktor beim Shoppen: „Ich kaufe meine T-Shirts nicht mehr in der Kinderabteilung, weil diese mir am Rücken nicht mehr passen. Ich gehe ganz normal in der Damenabteilung shoppen!“ freut sich Ragna! Eine Erfolgsgeschichte, sowohl im Wasser als auch im Alltag.

Text: Anke Nellen; Fotos: © Ralf Kuckuck, © Hoffmeister / BRSNW